Amtsgerichtsbezirk Sternberg - Die Stadt Sternberg.

Aus: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. IV. Band
Autor: Lisch, Georg Christian Friedrich (1801 Strelitz - 1883 Schwerin) Prähistoriker, mecklenburgischer Altertumsforscher, Archivar, Konservator, Bibliothekar, Redakteur, Heraldiker und Publizist (Freimaurer), Erscheinungsjahr: 1901

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Sternberg, Mecklenburg-Vorpommern, Stadtgeschichte, Landesgeschichte, Juden, Judentum, Judenverfolgung, Judenverbrennung, Landtag, Stadtkirche, Pribislav I., Stadtbrände, Heinrich der Löwe, Wallenstein, 30jähriger Krieg,
Geschichte der Stadt. Bezüglich der Geschichte der Stadt kann hier auf deren quellenmäßige Darstellung von Lisch im Mecklenburger Jahrb. XII, S. 187, 306, verwiesen werden. Deshalb wird es genügen, wenn ihre Hauptmomente kurz hervorgehoben werden. Es sind dies zunächst die Gründung der Stadt durch Fürst Pribislav I. von Parchim in jener selben Zeit, zwischen 1240 und 1250, in welcher Goldberg und Richenberg entstehen; ihre Stellung unter Parchim’sches Recht; ihr Übergang aus der Herrschaft Parchim an die Linie Mecklenburg, nachdem Pribislav im Jahre 1256 das Land verlassen hatte; die offensichtliche Begünstigung der Stadt durch Fürst Heinrich den Löwen, der. nachdem das Verhältnis zwischen ihm und Wismar gestört worden war, gerne und oft in Sternberg verweilt und zahlreiche Urkunden von hier ins Land gehen lässt; der große Brand kurz vor oder nach dem Beginn des Jahres 1309, in welchem alle älteren Urkunden der Stadt untergehen; in Folge davon am 24. Februar 1309 die Erneuerung des Parchimer Rechtes; weiterhin der Ankauf des fürstlichen Hofes Dämelow und des Dorfes Lukow zur Stadtfeldmark samt Erweiterung der Fischereigerechtigkeit auf den an- grenzenden Seen. In die erste Zeit des XIV. Jahrhunderts wird auch der Bau der Kirche fallen, wenigstens derjenigen, die wir heute als Stadtkirche vor uns sehen und für welche Fürst Heinrich durch Schenkung des Dorfes Loiz am 31. März 1328 ein besonderes Interesse bekundet. Von seiner Residenz Sternberg aus, für die er gelebt hat, gehen seine letzten Willensäußerungen zu Gunsten des Klosters Ribnitz in die Welt, in Sternberg macht er am 20. Januar 1329 sein Testament, und hier stirbt er am 21. desselben Monats. Wie der Fürst, so tragen auch verschiedene Familien, die hier ihren Aufenthalt nehmen, zu dem wachsenden Ansehen der Stadt bei. Teils sind es Patrizierfamilien wie die Deding, Markow, Wamekow, Alberdes, Rosenow, Dömelow, Zaschendorf, Sternberg, Trendekop, Woserin und Rüst, aus denen einige in die „Mannschaft“ eintreten und daher später zu den Vasallen des Landes zählen (wie Mitglieder der Familien Wamekow, Sternberg und Trendekop), teils sind es alte Adelsfamilien wie die Kaden, Kramon, Kardorf, Bülow, Barner, Gustävel, Preen, von der Lühe, Brüschaver, Sperling, Plessen, Pressentin, Spet, Parum, Pritz, Bonsack u. a. m. , die sich nach und nach zu einander gesellen, zur Bildung einer Ritterstraße (platea militum) Anlass geben und einen schon im Jahre 1314 nachweisbaren Ritter-Kaland begründen. Auch ist manche Stiftung zu Gunsten der Vikareien in der Stadtkirche sowie zu Nutzen der Hospitäler (St. Georg, Heiligengeist, St. Gertrud, Siechenhaus oder domus leprosorum, und Klendenhaus oder domus exulum) auf diese Familien zurückzuführen. Allgemeiner bekannt ist, dass die von Pressentin noch bis in die neuere Zeit (bis 1790) einen mit eigener Jurisdiktion und mit verschiedenen Privilegien ausgestatteten „Ritterhof“ besaßen, der erst im Jahre 1830 der Stadtfeldmark einverleibt wurde. Die zu dem mecklenburgischen Hofe im XIII. und XIV. Jahrhundert in besonders gutem Verhältnis stehenden Franziskaner-Mönche besitzen, wie in Grevesmühlen und Bukow, so auch seit 1326 eine „Terminarei“ in Steinberg.

Als Fürst Heinrich gestorben ist, behält seine Witwe, die Fürstin Agnes, ihren Wohnsitz in Sternberg, da ihr Stadt und Land Sternberg als Leibgedinge verschrieben sind. Den Titel „Sternebergensis dominatrix“ führt sie in einer Urkunde von 1343. Aber die über die minderjährigen Söhne Heinrichs, die Fürsten Albrecht und Johann, eingesetzte Vormundschaft verlegt die Residenz nach Wismar zurück; und als 1352 beide Brüder die Länder teilen, da fällt Sternberg an die Linie Mecklenburg-Stargard, bei der es bis zu deren Aussterben im Jahre 1471 verbleibt, Anfangs noch als Residenz, allmählich aber hinter die Residenzen im Lande Stargard zurücktretend. Das hindert freilich nicht, dass die jungen Fürsten, besonders in den ersten Jahren ihrer Regierung, alljährlich zu öfteren Malen kürzere oder längere Zeit dort verweilen, gleich dem Vater glänzende Versammlungen um sich sehen und zahlreiche Staats- und Regierungshandlungen in Sternberg verbriefen. Die malerisch gelegene Stadt mit ihrer wohlhabenden Bürger- und Einwohnerschaft wird sie angezogen haben. Gehörte doch die Stadt immerhin in jenen Zeiten zu den ansehnlicheren Mittelstädten, wie es besonders die Landfriedensverhältnisse des XIV. Jahrhunderts deutlich erkennen lassen. Ferner wird Sternberg wiederholt, 1354 und 1366, zum Landfriedensgerichtsort bestimmt, und endlich sieht man, dass es seine Stellung unter den Städten auch noch 1506 behauptet, in welchem Jahre es nach den Rossdienstrollen 40 Mann zu stellen hat. Das fürstliche Schloss aber wird zu dieser Zeit als verfallen geschildert.

Eine besondere Episode in der Geschichte der Stadt ist ihre Besetzung durch die Lübecker im Jahre 1403. Fürst Ulrich I. von Stargard räumt diesen die Stadt freiwillig ein, um von hier einen gemeinschaftlichen Gegner, den Fürsten Balthasar von Wenden, mit Kriegseinfällen zu beunruhigen. Die Folge davon ist eine Schädigung der Lande Güstrow, Goldberg und Parchim, und nach dem Abzuge der durch Fürst Balthasar mit Geld abgefundenen Lübecker eine Züchtigung der Stadt Sternberg durch Fürst Balthasar, wobei es nicht ohne Blutvergießen abgegangen sein soll. Aber nachdem die Stadt in Folge Aussterbens der Linie Stargard (1471) wieder an das Haus Mecklenburg gekommen ist, bleibt der dunkelste Punkt in der Geschichte des XV. Jahrhunderts die wegen „Marterung“ von Hostien erfolgte Verbrennung der Juden am 24. Oktober 1492 auf einem Berge vor dem Lukower Tor, der seitdem der Judenberg heißt. Aus dieser düsteren traurigen Geschichte entwickelt sich ein ganz bedeutender Kultus des heiligen Blutes, der schon im Jahre 1496 zum Bau einer besonderen geräumigen Kapelle am Sudwestende der Kirche und im Jahre 1503 zur Gründung einer „Bruderschaft des heiligen Blutes und der hl. Anna“ führt. Sternberg wird ein von weither besuchter Wallfahrtsort, und das Geld wundergläubiger Pilger strömt in solcher Menge in die Kirche, dass im Jahre 1515 auf Betrieb der Herzöge ein päpstlicher Erlass über die Verwendung eines namhaften Teiles der Einkünfte zur Unterstützung armer Kirchen und Klöster erfolgt, selbstverständlich nach dem Ermessen der Landesherren, aber doch mit Beirat der beiden Domkapitel in Schwerin und Rostock, von denen das letztgenannte erst im Jahre 1487 gegründet worden war und bei dieser Gelegenheit mit einer Gabe aus den Sternberger Einkünften erfreut werden sollte. Aber so schnell wie der Wunderglaube die Gemüter erfasst und in kurzer Zeit seine Blüten treibt, so bald verschwindet er wieder vor der fast widerstandslos um sich greifenden Reformation. Schon im Jahre 1533 geht es mit der Verehrung des hl. Blutes zu Ende. Auch das Augustiner Kloster, das Herzog Magnus im Jahre 1500 an jener Stelle des Fürstenhofes errichtet hatte, wo die „gemarterten Hostien“ vergraben gewesen waren, geht an der Begeisterung seiner eigenen Mönche und seines Priors für die neue Lehre nach kurzem Bestände im Jahre 1527 wieder ein, und heute ist keine Spur mehr davon vorhanden. Die Reformation nimmt in Sternberg wie in Erfurt vom Augustiner Kloster ihren Ausgang, und kein Geringerer als Luther selber ist es, der in Sternberg das Wirken seiner ehemaligen Ordensbrüder mit persönlichem Eingreifen unterstützt. Aber der auch hier sich regende Widerstand gegen die neue Lehre, welche der Prädikant Faustinus Labes mit vielem Eifer verkündet, verschwindet erst um die Mitte des XVI. Jahrhunderts. Als ein kleines Äquivalent gegen die materiellen Verluste, welche die Aufhebung des Katholizismus mit sich bringt, mag die Verlegung des Landtages nach Sternberg im Jahre 1572 angesehen werden. Doch muss die Stadt diesen Vorteil von 1621 an mit der Stadt Malchin teilen, und im Übrigen sind das XVII. und XVIII. Jahrhundert reich an Unfällen und Schäden aller Art. Wallenstein nimmt der Stadt das Hof- und Landgericht, welches sie seit 1622 in ihren Mauern gesehen hatte, und verlegt es nach Güstrow. Am 22. Februar 1638 besetzen die Kaiserlichen unter dem General Gallas die Stadt, der lange Zeit sein Hauptquartier darin aufschlägt. Die Not des Krieges erzeugt die Pest, welche so wütet, dass 1639 fast die ganze Stadt ausstirbt und ein halbes Jahr lang wüst steht. Dazu kommen große verheerende Brände, 1659 und 1741, welche das Vermögen der Bürger erheblich schädigen. Von 1774 bis 1848 ist Sternberg Sitz einer Superintendentur. Unter ihr hebt sich das Schulwesen, dem von 1713 an der Rektor und spätere Pastor und Präpositus David Franck vorsteht, welcher sich als Geschichtsschreiber Mecklenburgs einen Namen gemacht hat.

Ein Verzeichnis der zahlreichen Geistlichen der Stadt im Mittelalter und in der Neuzeit können wir uns hier mit dem Hinweis auf die Register des Urkundenbuches und die Zusammenstellung von Lisch im M. Jahrb. XII, S 235 — 253 ersparen. Hinzuzufügen bleiben allerdings noch die des XVII. und XVIII. Jahrhunderts: Bernhard Coloander (1602-1619), Ernst Michael Gutzmer (1602-1639), Georg Wulf (1621-1639), Simon Guthknecht (1639 bis?), Johann Schwabe oder Suevus (1640-1676), Joh. Sparbort (1645-1673), Joachim Herzberg (1673-?), Joh. Sukow (1676-1701), Paul Frick (1676 bis 1691), Stephan Susemihl (1692-1727), David Franck (1717-1756), Karl Friedrich Susemihl (1729-1743), Nikolaus Jakob Witte (1744-1767), Henning Christoph Ehrenpfort (1757-1782), Joh. Friedr. Schneider (1768-1774), Superintendent Joh. Gottlieb Friedrich (1774-1794), Rud. Karl Friedr. Franke (1783-1809), und Superintendent und Konsistorialrat Moritz Joach. Christoph Passow (1795-1818). Über die Geistlichkeit des XIX. Jahrhunderts s. Walter a. a. O.

Lisch, Georg Christian Friedrich (1801-1883) mecklenburgischer, Archivar, Altertumsforscher, Bibliothekar, Redakteur, Publizist

Lisch, Georg Christian Friedrich (1801-1883) mecklenburgischer, Archivar, Altertumsforscher, Bibliothekar, Redakteur, Publizist

Sternberg, Blick auf die Stadt_

Sternberg, Blick auf die Stadt_

Sternberg, Blick auf den Markt

Sternberg, Blick auf den Markt

Sternberg, Der am 20. Juni 1549 an der Sagsdorfer Brücke abgehaltene Landtag der mecklenburgischen Stände (Fritz Greve)

Sternberg, Der am 20. Juni 1549 an der Sagsdorfer Brücke abgehaltene Landtag der mecklenburgischen Stände (Fritz Greve)

Sternberg, Kirche, Ansicht

Sternberg, Kirche, Ansicht

Sternberg - Marktplatz.

Sternberg - Marktplatz.

005 Wundarzt

005 Wundarzt

Sternberg, Feuertod der Juden (Ausschnitt 3)

Sternberg, Feuertod der Juden (Ausschnitt 3)

Sternberg, Rathaus

Sternberg, Rathaus

Sternberg, Sagsdorfer Brücke über die Warnow

Sternberg, Sagsdorfer Brücke über die Warnow

Sternberg, Heimatmuseum, Mühlenstraße 8

Sternberg, Heimatmuseum, Mühlenstraße 8

01. Luther in 1526

01. Luther in 1526

Wallenstein

Wallenstein

Wappen des Hauses Mecklenburg-Schwerin

Wappen des Hauses Mecklenburg-Schwerin

Mecklenburger Wappen

Mecklenburger Wappen

013 Bürgerstube

013 Bürgerstube

025 Gelehrtenstube

025 Gelehrtenstube

029 Buchdruckerwerkstatt

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032 Gerichtssitzung

032 Gerichtssitzung

033 Schulstube

033 Schulstube