Verbreitung. - Leser. - Grundsatz der Information und Berichterstattung. - Unterstützung Seitens der Bundesregierung und der Parteien. - Lesegemeinschaften.

Der übrige Theil des Blattes zerfällt in entlehnte und Originalartikel, welche des schnelleren Ueberblicks wegen ebenfalls wieder ihre geschiedenen Plätze einnehmen. Jedes Blatt hat, meist auf der ersten Seite innen, seine besondere Rubrik, worunter außer den Originalaufsätzen der Redaction alle besonderen auf die Stadt, County und Staat des erscheinenden Blattes bezüglichen Bemerkungen und Nachrichten aufgenommen werden, oder, wenn sie zu groß sind, wenigstens ihr Vorhandensein in anderen Spalten angezeigt wird. Auch auf andere entlehnte Artikel, besonders die dem Herausgeber für seine Parteizwecke wichtig erscheinen, wird hier der Leser noch besonders aufmerksam gemacht.

Was die Verbreitung der Blätter und ihre Unterstützung Seitens des Publikums betrifft, so stehen die amerikanischen in einem günstigeren Verhältniß als die europäischen. Es ist Grundsatz, und die ganze Verfassung der einzelnen und Vereinigten Staaten ist darauf gegründet, daß Alles, was geschieht oder geschehen soll, öffentlich verhandelt werde. Das Publikum verlangt über Alles Aufklärung, weil es sich über Alles ein Urtheil erlaubt. Da ist kein Candidat zu irgend einem Amte, der nicht vorher die Grundsätze, wonach er handeln will, bekannt macht; da ist kein Gesetzvorschlag, der nicht vor aller Welt besprochen würde; da ist kein größeres Unternehmen der Nation oder der Compagnie, sei es ein Areal- oder Eisenbahnproject u. dgl., dessen Plan nicht jeder Bauer vorher prüfen will, ehe er einen Cent dazu hergiebt. Kein Grundsatz würde hier mehr verabscheut werden, als der europäische: „Schuster bleib bei deinem Leisten!“ Jeder ertheilt über Jedes Rath oder will wenigstens die Möglichkeit geboten wissen, seine berathende und entscheidende Stimme dazu zu geben.


Dieses Verlangen, von der einen Seite Alles zu wissen und zu berathen, was vorgeht, und die Nothwendigkeit von der anderen Seite, Alles vorzulegen, was geschehen soll, hat die so außerordentliche Zahl und Verbreitung der öffentlichen Blätter in den Vereinigten Staaten hervorgerufen, die von der Regierung nicht weniger als vom Volke unterstützt werden.

Unter diesen Unterstützungen Seitens der Bundesregierung ist die Herabsetzung der Postgelder zu nennen. Eine andere directe Unterstützung wird den Zeitungen dadurch, baß die Regierungen der einzelnen Staaten und die Verwaltungsbehörden der Union, wie der Bezirke und Städte ihre amtlichen Bekanntmachungen nicht in einem, sondern in mehreren Blättern — ohne Unterschied der Parteifarbe — einrücken lassen und diese Insertionen sehr anständig bezahlen. Auch die Herausgeber der Zeitungen begünstigen selbst gegenseitig ihr Geschäft durch ein nachahmungswürdiges Übereinkommen. Sie senden sich nämlich gegenseits ihre Blätter zu, und sind meist liberal genug, keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob sie vielleicht ein täglich erscheinendes Blatt gegen ein wöchentliches u. s. w. austauschen. Man findet ans diese Weise in vielen Zeitungsexpeditionen mehrere Hundert solcher Wechselblätter, die nichts kosten, als eine gleiche Anzahl der eigenen Zeitung.

Eine weitere Unterstützung der Blätter kommt von den Parteien, in deren Interesse sie geschrieben sind. Es ist nicht selten, daß, wenn in einem Orte ein Blatt der einen Partei erscheint, welches großen Einfluß auf die Bewohner der Umgegend zu gewinnen droht, die andere Partei mit großen Opfern ein Gegenblatt gründet und aufrecht hält. Man findet daher selten einen kleinen Ort, wo nur ein Blatt erscheint; die Opposition schafft gewiß bald ein zweites. Die Hauptstütze findet das Zeitungswesen endlich in dem Sinne und der Gewohnheit des ganzen Publikums; denn man liest hier viel und läßt viele Anzeigen einrücken. Es giebt wenige Amerikaner, die nicht eine oder mehrere Zeitungen hielten; es giebt aber viele, die 6 und 10 bezahlen und zwar für sich allein, da es nicht gewöhnlich ist, daß ein Dutzend Familien oder ganze Dorfschaften zum Halten eines Blattes zusammentreten. Auf diese Art wird möglich, daß viele Herausgeber in den Vereinigten Staaten 10—60,000 Exemplare ihrer Blätter absetzen, und das in 3 der größeren Staaten der Union vielleicht so viele verschiedene Zeitungen erscheinen, wie in allen Ländern Europas zusammengenommen

Die deutsch-amerikanischen Blätter zerfallen in zwei Hauptklassen. Die erste Klasse, bei weitem die zahlreichste, begreift diejenigen Zeitungen, welche vorzugsweise für die älteren, seit geraumer Zeit eingebürgerten Deutschen und deren Nachkommen geschrieben werden, und die man gewöhnlich die pennsylvanisch-deutschen Zeitungen heißt. Die zweite Klasse findet ihr Publikum unter den deutschen Einwanderern der letzten Jahrzehende.

Sie erscheinen der größeren Zahl nach nur einmal in der Woche; die pennsylvanischen sind ihrem Aeußern nach weniger empfehlend als die amerikanischen; ihr Papier ist kleiner und von geringerer Sorte, obwohl immer noch in Royal- oder Superroyalformat. Die Schrift taugt wenig; bei vielen ist sie, besonders in den unterhaltenden Aufsätzen, so groß, daß sie der Großvater allenfalls am Kaminfeuer lesen kann und von dem Schnitte, wie man sie iln alten Gesangbüchern und Hauspostillen findet. Zuvörderst beginnt jede Nummer mit Geschäftsanzeigen, ihnen folgt gewöhnlich, wenn nicht gerade öffentliche Documente zu publiziren sind, der belletristische Theil der Zeitung, Erzählungen und dergl., aus deutsch-europäischen Zeitungen meist entlehnt. Dann kommen die politischen Neuigkeiten des In- und Auslandes, meist aus den neu angekommenen Zeitungen des Mutterlandes abgedruckt, und diesen schließen sich vermischte Nachrichten und Miscellen an. Unter einer neuen Rubrik findet man sodann auf der zweiten und dritten Seite die Originalartikel der Herausgeber und Mitarbeiter, und das Ganze schließt, wie es begonnen, mit einer bunten Reihe von bunten Anzeigen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Amerika wie es ist