Die Bevölkerung

„Nichts gleicht der Anmuth dieses neuen Landes“ – schreibt schon der Entdecker Amerika’s, Colombo, in seinem Reisetagebuche – „Alle Bäume glänzen von immer grünem Laube und sind ewig mit Früchten beladen. Auf dem Boden stehen die Kräuter hoch und blühend; die Lüfte sind lau wie im April in Castilien; es singt die Nachtigall süßer, als man beschreiben kann. Die Nacht singen wieder süß andere kleinere Vögel; auch höre ich unsere Grashüpfer und Frösche. Von hohen Gebirgen strömen lieblich die Wasser herab; die Berge sind bedeckt mit vielfach gestalteten, blüthengeschmückten Bäumen; ich bin erstaunt über die kühlen Schatten, krystallklaren Wasser und die Zahl der Singvögel. Es ist mir, als möchte ich so ein Land nie verlassen, als könnten tausend Zungen dies alles nicht wiedergeben, als weigere sich die verzauberte Hand es niederzuschreiben.“ –

Und wer bewohnt dieses schöne, gepriesene Land? Seit lange waren die Ansichten der Gelehrten in dieser Beziehung ganz auseinandergehend, indem man eine große Zahl verschiedener Menschenracen und ganz von einander abweichender Volksstämme ursprünglich annahm, bis die gereiftere Wissenschaft sich zu nachfolgender Ansicht einte, welche, so ziemlich unangefochten, gegenwärtig als die allgemein und richtig anerkannte gilt.


Die Bevölkerung Amerika’s besteht aus der Ureinwohnerschaft, den eingeborenen Amerikanern, den Einwanderern und Ansiedlern und den Negern, d. h. den ihrer Heimath gewaltsam entrissenen Schwarzen aus Afrika und deren Nachkommen.

Die Urbevölkerung besteht aus zwei verschiedenen Racen des Menschengeschlechts deren eine die Völker des äußersten Nordens bilden, dahin die Eskimo’s, Grönländer und alle Stämme, die vom Lorenzflusse aufwärts bis zum höchsten Norden wohnen, wozu auch die Bewohner des Feuerlandes gehören, schwache Volkshaufen, welche, noch auf der niedrigsten Stufe der Cultur, das unverkennbarste Gepräge des rauhen, alle menschlichen, sowohl die körperlichen wie geistigen Kräfte niederdrückenden Himmelsstriches, unter welchem sie vegetiren, an sich tragen. Den zweiten Hauptstamm bilden die Indianer.

Die übrige Bevölkerung besteht aus den seit der Entdeckung dieses Welttheils im 15. Jahrhundert bis auf die Gegenwart eingewanderten Fremdlingen aus fast ganz Europa, besonders aus Holland, Frankreich, England, Irland, Deutschland, Spanien, Portugal, Skandinavien und Rußland, welche mit wenigen Ausnahmen die Ureinwohner durch ihre überlegene Cultur unterjocht haben. In neuester Zeit haben besonders Irland und Deutschland das stärkste Contingent geliefert, und die Auswanderungen aus beiden Ländern dauern noch immer in gesteigertem Maaße fort.

Die Neger aus Afrika bilden die letzte Classe der Bevölkerung; sie leben als Sclaven der übrigen Bevölkerung zerstreut auf amerikanischem Boden; auf der Insel Hayti haben sie sich nach harten blutigen Kämpfen emancipirt und dort zwei unabhängige Reiche gebildet; an der Spitze des einen Reichs hat sich usurpatorisch Soulouque als „Kaiser von Hayti,“ gestellt, während das andere eine Republik ist.

Die Zahl der ganzen Bevölkerung Amerika’s kann nicht bestimmt ermittelt werden; man giebt sie zwischen 50 –60 Millionen Bewohner an. Genau und bestimmt kann dagegen – was uns hier zunächst interessirt – die Bevölkerung der Vereinigten Staaten Nordamerika’s angegeben werden.

Die Gesammtbevölkerung derselben beträgt nach der letzten Volkszählung 23 Millionen 500,000. Darunter sind Weiße und Farbige 19 Millionen 600,000 und 3 Millionen 600,000 Schwarze; nach anderen Mittheilungen ist die Menschenzahl einige 100,000 stärker und ergiebt sich am genauesten nach nachfolgender Zusammenstellung:

Die Schätzungen der Volkszahl der neu hinzugekommenen Gebiete Texas, Utah und New-Mexico sind nicht bekannt. Die Bevölkerung der oben aufgeführten 31 Staaten besteht in runden Zahlen

Aus 18,879,000 Weißen
Aus 500,000 freien Farbigen
Aus 3,100,000 Sclaven
23,479,000 Einwohner

Im Jahre 1850 betrug nach dem Bostoner Census-Almanach die deutsche Bevölkerung der Vereinigten Staaten 4 Millionen 800,000; nach derselben Quelle im Jahre 185l über 5 Millionen, so daß die neuesten Angaben einer Steigerung derselben bis zu 6 Millionen als richtig anzunehmen sind.

Die irländische Bevölkerung ist nicht sehr viel größer, aber die Sterblichkeit unter derselben bedeutender. In Newyork, wo 80,000 Deutsche und 125,000 Irländer leben, kommen durchschnittlich auf 30 – 35 Sterbefälle unter den Deutschen, 60 – 75 unter den Irländern.

Die drei größeren Staaten Newyork, Pennsylvanien und Ohio enthalten allein 2½ Million Deutscher; hierzu bringe man Wisconsin, Iowa, Michigan, Illinois, Indiana und Missouri in Anschlag, und bedenke, daß in allen diesen Staaten die deutsche Bevölkerung ein Fünftel bis zu einem Drittel ausmacht.

Dazu rechne man Kentucky, Texas, Maryland, New-Jersey, Massachusetts, Virginien und Louisiana, worin gleichfalls noch eine beträchtliche Anzahl Deutscher wohnt, und füge schließlich noch die übrigen 14 Staaten hinzu, so erscheint die obige Zahl des deutschen Volkselements nicht zu hoch, wenn man noch die im großartigsten Maaßstabe in den letzten Jahren gestiegene deutsche Einwanderung berücksichtigt.

Diese starke, wahrhaft riesenhafte Zunahme des deutschen Elements in der Bevölkerung der Vereinigten Staaten ist auch der Consolidirung desselben und dadurch der deutschen Bevölkerung förderlich. Der Geist unseres ursprünglichen deutschen Vaterlandes – sagt ein der deutschen Bewegung huldigendes deutsches Newyorker Blatt – geht in allen denjenigen fremden Ländern um, wohin er seit Jahrhunderten seine Kinder ausgesandt hat; und wenn ich nicht irre, so rüstet er sich im Augenblicke zu einem Gange durch dieses Land. Waren die Deutschen bisher ein Volk, das die Welt durchwanderte und aller Orten sich ansiedelte, überall seine segensreiche Weltpolitik, den Humanismus, seine Wissenschaft, seine großartige Literatur und hehre Kunst verbreitend, so ergiebt sich die volksthümliche Stellung der Deutschen im jugendlichen Amerika von selbst.

Ihre weltgeschichtliche Aufgabe können sie natürlich nur erfüllen, wenn sie Deutsche, wenn sie mit ihrem Mutterlande in geistigem Verkehre bleiben. Dies zeigt die deutsche Vergangenheit in Amerika, z, B. seit dem zweiten Jahrzehend, wo beim Versiegen der größeren deutschen Einwanderungen die Vereinigten Staaten in neuenglischer Richtung einen Aufschwung nahmen, der zu der vollen und offenen Abneigung: „damned dutch!“ (verdammtes deutsches Volk) gegen uns im Lande auslief.

Unumstößlich aber steht fest: Deutschland war nicht allein, sondern bleibt noch lange Zeiten hin der „Sauerteig“ für die Völker; Deutschland, Europa’s Herz, ist der charaktervollste unter allen germanischen Stämmen, das warmherzigste und gediegenste Volk der Erde. Ein Deutscher in Amerika hat also keinerlei Rechtfertigung, wenn er sich von Deutschland, wenn er sich von dem deutschen Geiste abwendet; er mache nicht den einseitigen Yankee zu seinem Richter, zu seinem Arzt, zu seinem Gesetzgeber, zu seinem Congreßmann, zu seinem Vorbilde.

Den deutsch kräftigen, elastischen Sinn, der einst so begeistert gerungen mit Wort und That für die Unabhängigkeit der buntscheckigen Colonien von der britischen Krone, der vor und nach der Gründung der amerikanischen Freiheit stets an der Spitze Derer kämpfte, welche die volle Volksfreiheit wollten, muß der Deutsche in Amerika zu erhalten streben. Vor Allem gilt es dem Kampfe des deutschen Geistes, deutscher Bildung und deutscher Ehre gegen die geistige Korruption und Vergiftung derselben, insbesondere gegen jene Bestrebungen und deren Organe, deren Affenart und umgekehrter Nativismus sündlicher Weise und unter dem böslichen Vorwande einer heilsamen Verschmelzung nur der Verflachung und Entkräftung dienen, die dazu obenan der freien Union neuen gar erbärmlichen unpatriotischen Dienst erweisen, wenn sie eine so kernige Macht, wie die Deutschen in Amerika sind, verflüchtigen helfen.

Ich erinnere an den „ersten Amerikaner,“ an Jefferson, welcher gesagt hat: „Ich gehe von dem Grundsätze aus, der meines Dafürhaltens unumstößlich ist, daß die Erde zur Benutzung der Lebendigen bestimmt ist.“ Hieranf baue man nach allen Richtungen weiter. Aus solchen Factoren muß ein Amerikanerthum von weltgeschichtlicher Bedeutung entstehen, deren Herz das Deutschthum, deren Kopf das veredelte Yankeethum ist und deren Arm Beide im Verein in Bewegung setzen. Dadurch allein wird Amerika dereinst glänzen in der Geschichte aller Völker, den ersten Platz erringen in der Weltgeschichte. – Die deutsche Bewegung ist es nicht allein, welche seit Kurzem in den Vereinigten Staaten dem Yankeethum gegenüber in’s Leben getreten ist, sondern auch ein neues Element der Bewegung giebt sich im Keltenthum, d. h. der irischen und französischen Bevölkerung, vorzugsweise in der ersteren daselbst kund. Der Kampf gilt der Gewinnung größeren Einflusses und überwiegender Stellung im Hinblick auf die anglo-sächsische Einwohnerschaft, welche bis dahin in numerischer wie interlectueller Hinsicht überlegen war. Das Deutschthum umfaßt den Theil der Bevölkerung, der aus Deutschland eingewandert oder von deutschen Einwanderern und Ansiedlern abstammt; das Yankeethum begreift diejenigen, die aus England eingewandert sind und von englischen (anglo-sächsischen) Einwanderern ihren Ursprung herleiten; das Keltenthum befaßt die Irländer und Franzosen, d. h. die keltischen Irländer und Franzosen.

Ein gewaltiger Kampf dieser drei Elemente giebt sich seit einiger Zeit in den Zeitungen und Organen der Union kund, und verhält sich über die numerische Zahl der dem einen oder andern Elemente angehörigen Glieder. Der Kampf ist glücklicher Weise bis jetzt noch ein unblutiger, mit Dinte und Feder, Druckschwärze und Preßbengel geführter. Indeß beschränkt er sich bereits nicht mehr auf die Grenzen der Union, sondern ist schon über das Weltmeer hinübergeschritten , und hat Terrain ‘gewonnen in den englischen Blättern, d. h. in Altengland selbst. Zwei der bedeutendsten Blätter Englands, die Times und Quaterly Review’s stehen gerüstet wider einander, die Ersteren für die anglo-sächsische, das Letztere für die keltische Partei.

Die Berechnung des Review’s ist folgende: Von der Gesammtbevölkerung der Union zu 23 Millionen sind 3 Millionen geborene Irländer, 4½ Mill. von irischer Abstammung, 5½ Millionen von deutscher Herkunft und geborene Deutsche, 3½ Mill. von anglo-sächsischer Geburt und Herkunft, 3½ Mill. farbige Freie und Sclaven. Darnach gebe es in der Union eine Bevölkerung, wovon ungefähr ein Drittel der irischen, ungefähr ein Viertel der deutschen, weit über die Hälfte der irischen und deutschen und nur reichlich ein Siebentel der s. g. anglo-sächsischen Race angehörte, und Deutsche, Kelten und Schwarze zusammen fast sechs Siebentel der Gesammtbevölkerung ausmachten, oder mehr als die Hälfte derselben aus Kelten bestehe.

Diese Angaben beruhen auf absichtlicher Uebertreibung im Interesse der irischen Bevölkerung. Nach Tucker’s bekanntem statistischen Werke, bei dessen Abfassung dem Verfasser als Professor der politischen Oeconomie auf der Universität zu Virginien die officiellen Quellen zu Gebote standen, betrug nach der Volkszählung im Jahre 1830 die ganze Bevölkerung der Union fast 13 Millionen; darunter waren 6 Millionen Engländer und ihre Abkömmlinge, Irlands 2 Mill. Deutsche 1 Million, Holländer ½ Million und eben so viel Schotten, Franzosen 3/10 und Schweden, Spanier, Schweizer u. s. w. 1/10 Million; die weiße Bevölkerung zählte somit 10½ Millionen, denen die afrikanische Bevölkerung mit 2½ Mill. hinzukam.

Auf diese Berechnung fußend, veranschlagen die Times die Bevölkerung des Jahres 1850 ohne fernere Begründung ihres Calculs auf 11 Millionen Angelsachsen, 700,000 schottische Niederländer, 1½ Millionen schottische und anglo-sächsische Irländer, 2 Mill. keltische Irländer, 300,000 Welsche, 2 Mill. Deutsche, 800,000 Holländer, 1 Mill. Franzosen, 100,000 Dänen und Scandinavier, 100,000 Schweden, 50,000 Schweizer, 100,000 Spanier, Italiener, Juden u. s. w., also 19 Millionen 650,000 von weißer Farbe neben 3 Mill. 600,000 Schwarzen. Die Gesammtbevölkerung des Jahres 1850 betrage hiernach 23,250,000 und darunter 11 Millionen Angelsachsen und 1 Mill. angelsächsischer Irländer, mithin 12 Millionen Angelsachsen unter 19½ Millionen Weißer.

Auch diese Berechnung ist unrichtig und ohne Nachweis im Interesse der angelsächsischen Bevölkerung aufgestellt. Jedenfalls ist aber die letztere zur Zeit trotz aller bedeutenden Einwanderungen aus Irland und Deutschland das vorherrschende und herrschende Volkselement.

Die Wahrheit bleibt nach wie vor, daß das angelsächsische Element zwar noch immer das vorherrschende unter der weißen Landesbevöllerung, das deutsche und keltische aber im fortwährenden gesteigerten Zunehmen begriffen ist, und unter gleichen Verhältnissen wie die gegenwärtigen, namentlich bei der Fortdauer der gesteigerten Einwanderungen aus Europa, vorzüglich aus Deutschland und Irland, nach Ablauf einiger Generationen den angelsächsischen sich bedeutend annäheren und insbesondere das deutsche Volkselement in Folge seines Charakters und Bildungsgrades stets bedeutenderen Einfluß erlangen wird, der sich bereits in politischer Hinsicht in denjenigen Staaten, worin sich in dichteren Schichten die Deutschen angesiedelt haben, bei der letzten Präsidentenwahl kund gegeben hat, und welchem sich das irische Volkselement aus Haß gegen das angelsächsische, wenn auch in geistig untergeordneter Weise, aber an Kopfzahl bedeutend anschließen wird.

Diese Ansicht wird in der nordamerikauischen Union bereits allgemein getheilt; daher die Anstrengungen, die schon jetzt durch Bildung von Vereinen, Gründung von öffentlichen Organen u. dgl. im Interesse des Yankeethums unter Opferung bedeutender Summen gemacht werden; denn der Yankee opfert nur, wenn und wo es noth thut.

So bereitet sich denn in der neuen Welt ein Kampf vor für deutschen Einfluß, deutschen Geist und deutschen Sieg: die Wahlstatt ist gewählt, die Heere rüsten sich zur Schlacht, und der Deutsche, der sonst unter allen Erdzonen gekämpft und gerungen hat, wird auch hier kämpfen mit bewährtem deutschen Muthe und nicht ablassen von der deutschen Ausdauer!