Deutschland gab der neuen Welt den Namen

Alte deutsche Druckschriften über Amerika.
(Gegen Alexander von Humboldt.)

Die deutsche Buchdruckerpresse erwähnte der Entdeckung des neuen Welttheils zuerst im Jahre 1497 in einer zu Straßburg erschienenen Flugschrift. Christoph Colon oder Colombo steht als Entdecker desselben da, obwohl eine große Zahl von Abhandlungen und Dissertationen deutscher Gelehrten vorhanden ist, welche diese Ehre der Entdeckung für den deutschen Martin Behaimb von Schwarzbach 1) aus Nürnberg in Anspruch nehmen. Das kümmert uns vorläufig noch nicht, da wir diesen wichtigen Gegenstand erst später ausführlich erörtern müssen. Haben die Deutschen Amerika entdeckt oder nicht, gleichviel; aber es steht fest, daß sie viel darüber geschrieben haben bis zu unseren Tagen, daß ein Deutscher dem neuen Welttheil den Namen gegeben, und eine deutsche Feder zuerst das Wort Amerika geschrieben hat.


Mit gründlicher deutscher Gelehrsamkeit und bekanntem Zitatenreichthum hat das Alexander von Humboldt bewiesen, dessen Kosmos wir hier in Amerika in deutscher Sprache und englischer Uebersetzung lesen. Hat sich auch jene alte deutsche Feder schwer an dem Entdecker Amerikas, dem Deutschen Behaimb, versündigt, so ist diese böse That durch mehr als drei Jahrhunderte sanctionirt. Sagt doch der deutsche Schiller, daß es der Fluch der bösen That sei, daß sie fortwährend etwas Böses erzeuge.

Bekanntlich entlehnte man den Namen Amerika von dem Namen des spanischen Seefahrers Amerigo Vespucci, der seine vier amerikanischen Reisen beschrieb. Ein deutscher Gymnasiallehrer im Wasgau, Martin Waldseemüller, übersetzte dieselben, ließ sie im Jahre 1507 zu St. Dicy in Lothringen drucken und machte darin den Vorschlag, dem Verfasser des Werks zu Ehren das unentdeckte Festland Amerika zu nennen. Man stimmte ihm bei, und der Name war alsbald in Deutschland in allgemeinem Gebrauch, ehe man in Spanien noch etwas davon wußte, noch ahnte.

Es wird mir nicht in den Sinn kommen, dem Humboldtschen Werke entgegenzutreten, wohl aber seiner Behauptung: die Uebersetzung der Reisen Vespucci's durch Waldseemüller sei die erste gedruckte Nachricht in Deutschland über Amerika gewesen, die man von der neuen Welt erhalten habe. Das ist durchaus irrig und unrichtig, und ich muß eine Lanze einlegen gegen den großen Forscher, der selbst mir am wenigsten grollen wird, wenn ich meine Forschungen vorlege, die in dieser Hinsicht ganz andere Resultate geben, welche Jedem unwiderlegbar sind. Um bei diesem Lanzenbrechen eine feste Stellung zu haben, muß ich mit einem kleinen Rüstzeug aus der Gelehrtenkammer ausnahmsweise auftreten. –

Ein Freund in Newyork kommt mir mit seiner reichen Sammlung alter deutscher Bücher zu Hülfe. Schon früh hat die deutsche Presse Reisewerke und erdkundliche Schriften geliefert; sie gehören zu den sogenannten lncunabeln; an deutschen Reisenden hat es in keinem Jahrhundert gefehlt; indes, hatten sie in früherer Zeit mit Schwierigkeiten zu kämpfen und Hindernisse zu überwinden, wovon unsere modernen Touristen in Glaceehandschuhen keine Ahnung haben. Auch die Lust zur Aufzeichnung der Reiseerlebnisse mangelte unseren Vorfahren nicht, und man übersetzte, wie heut zu Tage, die Reisebeschreibungen aus fremden Sprachen begierig in's Deutsche. Die Jahrbücher der deutschen Buchdruckerkunst haben derartige Druckwerke viele aufzuweisen. Das älteste der Reiseliteratur angehörige Buch deutscher Lettern, wie überhaupt das erste Druckwert aller Völker und Sprachen für Erdkunde ist Marco Polo's Reisewerk, aus dem Italienischen übersetzt. Ihm schließt sich Mandeville's Reisewerk und mehrere Beschreibungen von Reisen an, welche Mönche und Andere theils nach dem gelobten Lande, theils nach anderen Ländern Asiens schon im selben Jahrhunderte oder bereits im Jahrhunderte vorher gemacht haben.

Die älteste, mit deutschen Lettern und in Deutschland gedruckte Broschüre über die Entdeckung Amerika's durch Colombo erschien zu Strasburg 1497; sie führt den Titel: Ein schön hübsch lesen von etlichen Inslen, die do in kurtzen zyten funden sind durch den König von hispania, und sagt von großen wunderlichen dingen die in denselben inslen synd: Gedruckt zu Straßburg uff grüneck von meister Bartholomeß Küstler. In Quart.

Es ist eine alte Uebersetzung eines in spanischer Sprache geschriebenen: Briefes des Columbo an den König Ferdinand von Spanien über seine Entdeckungen, 2 Druckbogen stark. Das spanische Original ward in Colmar 1493 gedruckt oder geschrieben; auch eine lateinische Uebersetzung war vorhanden; denn die deutsche Broschüre schließt mit den Worten: „Getüetschet uhs der katilonischen zungen und uhs dem latein zu Ulm.“ Der Inhalt ist auf der ersten Seite der Schrift angegeben mit den Worten: „Der Hauptmann der Schiffung des nörs Christoferus Colon von hispania schribt dem Künig von hispania von den inßlen des lands India uff dem fluß gangen genannt. Der do ftüßet am mitten durch das lande india in das indisch mör. Die er neulichen erfunden hat und die zu finden geschickt ist mit hilff und großer Schiffung.“ Panzer besaß eine Ausgabe desselben Briefes in deutscher Uebersetzung, 9 Blätter stark, in Octavformat, und setzt die Zeit des Drucks desselben schon kurz nach 1493.

Im Jahre 1505 erschien eine Schrift ohne Druckort: „Von der neuw gefunden Region die wol ein welt genennt mag werden, durch den Christlichen Künig von Portugal, wunderbarlich erfunden,“ Am Schlusse stehen die Worte: „Auß latein ist dieß missive in Teutsch gezogen auß dem Exemplar das von Paris kam im mayen monet nach Christi Geburt 1505.“ Zwei Blätter in Quart, enthielt sie eine Uebersetzung der Nachricht, die Amerigo Vespucci vor seiner Seefahrt und Entdeckung gab. Im nämlichen Jahre erschien dasselbe Buch zu Nürnberg gedruckt.

Das Jahr 1506 brachte eine 6 Blätter starke Broschüre in Quartformat und zu Leipzig gedruckt mit dem Titel: „Von den newen Insulen und landen so ytz kürzlichen erfunden synd durch den Künigk von Portigal.“

Im Jahre 1508 erschien: „Newe unbekanthe landte. Und ein newe weldte in kurtz verganger zeythe erfunden.“ Am Schlusse liest man, daß das „Büchlein aus wellischer Sprache in die deutsche gebracht ist durch den würdigen und hochgelarthen Herrn Jobohn Ruchamer, der freien kunste und artzenneien Doctorem“, gedruckt durch Georg Stichsen zu Nürnberg. Es ist eine Sammlung von Entdeckungsreisen; der Titel steht auf einem Holzschnitt-Titelblatte, welches die Weltkugel darstellt, um welche sich ein Zettel schlingt, der den Titel enthält. Im Welschen, erzählt der Uebersetzer, führe das Buch den Titel: „Dye newe weldte.“ Es ist in 6 Bücher und 143 Kapitel getheilt. Die ersten 3 Bücher (83 Kapitel) enthalten die Rei sen des Aloysius von Cadamosco (Cada Mosto 1454) nach den Flüssen Senegal, Gambia und Rio grande und den Eilanden des grünen Vorgebirges.

Mit dem vierten Buch (Kapitel 83 – 109) beginnen die Seefahrten des Colombo, den der allzu getreue Uebersetzer „Christoffel Dauber (Tauber), von Ienua,“ nennt. Dann folgen in zwei Kapiteln die Reisen „Petri Alonsy, eines gesel (Gesellen) Christoffel Dawbers“ und neben anderen Seereisen folgt in 10 Kapiteln ein Auszug aus Vespucci's Reisen. Ein Exemplar dieser seltenen Schrift befindet sich auf der Nürnberger Stadtbibliothek.

Eine 7 Blätter umfassende Broschüre erschien 1520 zu Nürnberg mit dem Titel: „Ein Auszug etlicher Sendbrieff von wegen einer newgefundene Inseln, derselben Gelegenheit (Lage) und.Inwoner, Sitten un Gewohnheiten inhaltend vor kurtz verschienen Tagen zugesandt.“

Ans Allem geht Humboldt's Ansicht, daß Waldseemüller's Uebersetzung die erste gedruckte Nachricht über Amerika gewesen, als irrig hervor.




1) Wir machen unsere Leser schon jetzt auf eine binnen Kurzem erscheinende Schrift aufmerksam, welche in deutscher Uebersetzung unter dem Titel: Martin Behaimb von Schwarzbach, der Nürnberger, Entdecker Amerika's im 15. Jahrhundert vor Christoph Columbo, in der Verlagshandlung der Volksschriften des deutsch- amerikanischen Vereins erscheinen und die Ehre der Entdeckung des neuen Welt- entheils jenseits des Oceans für Deutschland sindiciren wird.