Ringwälle

Als Beispiel erster Art kann der Hausenberg bei German dienen.

Die größte Arbeit machte es dem Deutschen Orden, das Samland, zwischen dem Kurischen und Frischen Haff, zu bezwingen und in Botmäßigkeit zu halten. Hier lag Romowe, das Heiligtum, für welches die heidnischen Preußen kämpften, in einem die ganze westliche Seite der Halbinsel einnehmenden Hain, und hier hat sich eine Viertelmeile östlich vom Seestrand, und vom nördlichen eben so weit, wie vom südlichen Ufer der beiden Haffs entfernt, ein alter Ringwall erhalten. Er umschließt den länglichen Rücken des 286 Fuß über dem Meere gelegenen Hausenbergs und übersieht die ganze Bernsteinküste, so wie die schönen Laubwälder des Samlands; wer auf diesen einsamen, erinnerungsreichen Rasenwällen den Abend erwartet, den strahlen, wie einst die heiligen Feuer von Gallgarben oder von der „Brandstätte“ bei Lengnitten, jetzt die Leuchttürme von Pillau und Brüsterort fast unheimlich an. Der innere Wall ist zum Teil zur Terrasse verflacht, er bildet ein unregelmäßiges Oval, das von Südwest nach Nordost gestreckt 200 Schritt lang und in der Mitte 75 Schritt breit ist; er wird ringsum von zwei ihm gleichlaufenden Wällen begleitet, auf der Südwestseite aber noch von einem vierten verstärkt, so dass die Böschungen der äußersten Wälle sich in den Fuß des Berges verlaufen. Von hier an gemessen, nehmen die vier Wälle der Südwestseite so zu, dass der äußerste 30 Fuß, der folgende 44, der vorletzte 60 und der innerste 66 Fuß Höhe hat, während ihre Grate durchschnittlich 36 Fuß von einander entfernt sind und die dazwischen liegenden Gräben sich von 30 und 34 bis 50 Fuß erheben. Die nordöstliche, schwächere Seite hat nur 3 Wälle mit 2 Gräben, und der Hügelfuß liegt höher, als auf der andern Seite. Der unterste Wall, der keinen Graben hat, steigt 20 Fuß sanft an, der folgende mit 20 Fuß Abstand erhebt sich bis 24, und der oberste erreicht mit 36 Fuß Abstand 38 Fuß Höhe über dem nordöstlichen Bergfuße, während die dazwischen liegenden Graten 15 und 18 Fuß über demselben liegen. Südöstlich am Wege nach German, 300 Schritt vom Ringwall entfernt, findet sich eine Wasserstelle. Mit Ausnahme des inneren Raumes und des höchsten südlichen Walles ist jetzt alles mit Hainbuchen und Haselgesträuch bewachsen. Wie die jetzt ohne große Anstrengung zu ersteigenden Wälle einst durch Holz und Flechtwerk steil und verteidigungsfähig, und durch Strauchpflanzungen und Verhaue unzugänglich gemacht sein mochten, bedarf nach unserer Einleitung keiner weiteren Beschreibung; wohl aber müssen wir über den taktischen Zweck der drei- und vierfachen Wälle, die sich auch in römischen und in germanischen Befestigungsanlagen am Rhein häufig finden, noch einige Worte sagen.


Sind jene zwei- und dreifachen Wälle nur zwei, drei Mal dieselbe Sache? etwa wie wenn einer zwei Schilde mitführte, um noch eins zu haben, wenn das erste verloren war? — Durchaus nicht. Nachdem der Angreifer das Hindernis der äußersten Linie gewöhnlich in geringer Breite durchbrochen hatte, konnte er zweierlei tun, entweder ohne Aufenthalt auch den zweiten Wall zu erstürmen suchen — dann aber fielen ihm gedeckt durch die noch stehenden Teile des ersten Walles, von einer oder beiden Seiten Abteilungen des Verteidigers in die Flanken, und er war in einem engen Defilee von drei Seiten angegriffen; oder der Angreifer wendete sich gegen diesen Flankenangriff, so nötigte dieser, indem er sich wieder zurückzog, den Angreifer, ihm zu folgen und sich längs der mörderischen Wirkung des zweiten Walles hinzuziehen. — Gelang es dem Angreifer nichts desto weniger auch die zweite Linie zu durchbrechen, so fiel ihm der Rest der Verteidiger dieser Linie oder eine neue Abteilung auch hier in die Flanken und wurde vom dritten Walle aus aufs beste sekundiert, so dass der Feind immer aufs neue verleitet wurde, sich längs der dritten Verteidigungslinie durch ein enges, langes Defilee hinzuziehen und erst aufs äußerste geschwächt an die letzte zu gelangen. Wie aber umgekehrt diese fortifikatorische Anordnung auch die Wiedereroberung, das Hinausschlagen des Feindes erleichterte, bedarf um so weniger einer Erörterung, als die Profile der Wälle und ihrer Brüstungen so beschaffen waren, dass sie ungleich unfern heutigen Wall- und Brustwehrprofilen eine Benutzung gegen den Verteidiger nicht zuließen. So war es durch die vervielfältigten Verteidigungs- und Deckungslinien der Besatzung möglich, während des Sturmes, oder nachdem er abgeschlagen war, Flankenangriffe und Ausfälle zu machen, ohne dass die Ausfalltruppe selbst ihre Flanke bloßstellen oder für ihren Rückzug besorgt sein musste; ja durch diese schmalen Zwinger — wenn man den mittelalterlichen Namen hier schon anwenden will, — war die Verteidigung eben dann am stärksten, wenn der Angreifer schon eine Umfassung durchbrochen hatte. — Der Verteidiger hatte es dann in der Hand, den Angreifer zu einem so dünnen Faden auszuspinnen, als er wollte und bewältigen konnte. Dem Angreifer blieb, um sich dem nicht auszusetzen, kein Mittel, als die erste Linie in großer Breite zu durchbrechen und niederzulegen, um einem gegen ihn gelichteten Flankenausfall die Deckung zu entziehen.

Bei unzureichender Bewachung und mangelhafter Bereitschaft war es der alten Befestigungskunst ein Bedürfnis, mechanische Hindernisse zu schaffen, die den Angreifer einige Zeit lang beschäftigen muhten — es ist derselbe Grund, weshalb sie bestrebt war, da, wo der Verteidiger sich nicht ganz abschließen wollte oder konnte, Defileen zu schaffen, in denen er selbst in geringer Zahl dem Angreifer überlegen war, die Defileen, die diesem um so verderblicher waren, je verwickelter und unbekannter sie ihm waren, und je schwieriger sie bei den gegenseitigen scharf ausgeprägten äußern Stammeseigentümlichkeiten — an Kleidung und Sprache — auszukundschaften waren.