Husaren, Menschenraub, Deserteurs, 1743, Menschenfang, Mecklenburger.
Die preußischen Husaren und Werber erschienen vor dem siebenjährigen Kriege nicht nur in diesen verpfändeten Aemtern, sondern auch im übrigen Mecklenburg, umstellten während der Kirchzeit die Kirchen und raubten die Militärdiensttauglichen vor der versammelten Gemeinde und von den Altären mit offener Gewalt. Sie drangen nachts in die Häuser ein, rissen die Männer aus den Betten, aus den Postwagen und anderen Fuhrwerken, die sie anhielten, ebenso wie die Wanderer auf den Landstraßen und in den Landkrügen. Die Werber standen mit vielen Krügern in geheimer Verbindung, die ihnen den Nachweis geeigneter Rekruten verschafften. Es wurde keine Rücksicht darauf genommen, ob die gewaltsam Ausgehobenen Familienväter oder zur Ernährung der Angehörigen unentbehrlich waren. Sie verschwanden in den Reihen der preußischen Armee und gingen meist in den Kriegen des Königs zugrunde, ohne daß die ihrigen wieder etwas von ihnen erfuhren. Reklamationen des Herzogs beim Reiche blieben unberücksichtigt, oder hatten nur den Erfolg, daß der König den Spieß umdrehte und sich darüber beschwerte, daß seine Werber von der Mecklenburger Landbevölkerung gewalttätig bedroht würden, wenn sie friedlich ihres Amtes walteten und, daß man ihnen angeworbene Rekruten entrissen und die Werber mißhandelt habe. So beliebte der König die gelegentlichen Verzweiflungstaten der durch die Not zur Abwehr getriebenen Bevölkerung darzustellen. Er drohte nicht nur mit Repressalien dafür, sondern führte solche auch in der Form des erneuten Menschenraubes aus. Folgende Antwort in Sprache und Rechtschreibung des Originals, auf eine Beschwerde des Herzogs, ist ein Beispiel, wie Friedrich sich durch Verdrehung der Tatsachen aus der Affäre zog:
„Wir lassen dahin gestellt sein, ob Alles dasjenige, so bei Ew. Liebden angebracht worden, sich in der That also verhalte. Wenn aber auch von einigen unserer Offiziers dergleichen vorgenommen sein sollte, so mögen wir Ew. Liebden nicht verhalten, daß hierzu das bisher gezeigte und unfreundliche Verfahren der dortigen Vasallen und Einwohner gegen unsere Werbungen dazu einzig und allein Ursach und Gelegenheit gegeben habe. Denn nicht zu gedenken der vielfältigen Klagen, so deßhalb von denen Unsrigen an Uns gebracht worden, so ist ja bekannt, daß nur allein von dem ehemaligen, Holsteinischen Regiment an die 150 Deserteurs, ohne die von anderen Regimentern zu rechnen, auf alle Weise durchgeholfen oder nicht angehalten noch auch extradieret werden wollen, der Frevel einiger Landsassen auch soweit gegangen, daß dieselben sich nicht gescheuet, unsere in dasigen Landen auf Werbung liegende Offiziers, so zu sagen auf eine mörderische Art und mit äußerster Gewalt anzugreifen, dieselben zu verwunden und ihnen die Rekruten wegzunehmen. Ew. Liebden können sich also selbst vorstellen, daß Uns dergleichen Verfahren allerdings nicht angenehm sein könne und in der Länge hierunter nachzusehen, Uns nicht zugemuthet werden könne. Ew. Liebden werden uns auch nicht verdenken, daß Wir, so lange obgedachte Zahl derer Deserteurs, oder so viel Leute an deren Stelle nicht wieder herbeigeschafft werden, Wir Unseren Offiziers in derselben Aufsuchung keinen Einhalt thun und werden Wir gewiß bedacht sein, denjenigen Landsassen, so sich an Unseren Offiziers zu vergreifen gelüsten lassen sollten, Unser Ressentiment einigermaaßen zu temoigniren.“ usw. (Siehe Vehse.)
Er spielt mit Mecklenburg, wie die Katze mit der Maus. 1743 waren nur neun Mitglieder zum Landtage erschienen, da sich niemand auf die Landstraße traute, aus Angst unterwegs seiner Dienerschaft beraubt, oder persönlich von preußischen Husaren ausgehoben zu werden, (siehe Vehse).
Wo die Preußen offene Gewalt anzuwenden nicht für rätlich hielten, wurde List beim Menschenfange gebraucht. Darüber kursierten Anfang vorigen Jahrhunderts noch viele romantische Geschichten im Volke: z. B. die vom starken Schäferknecht im südlichen Mecklenburg, unweit der preußischen Grenze. Er hatte verschiedenen Werbern, die ihn mit Gewalt einfangen wollten, mit seiner Riesenstärke bereits die Knochen zerschlagen. Da erbot sich ein kleiner, buckliger Mann den Schäfer gegen eine Belohnung zu fangen. Er ging zu ihm aufs Feld, als dieser die Schafe hütete und verwickelte ihn in ein Gespräch. Während desselben sagte er zu ihm: „Er solle ja so unglaublich stark sein, er wolle aber mit ihm wetten, daß er ein Kraftkunststück doch nicht vollbringen könne, nämlich seinen langen Schäferstock zu zerbrechen, wenn er ihm denselben längs der Arme über den Rücken durch die Nockärmel stecke. Der Schäfer ging, im Vertrauen auf seine Kraft, auf diese Wette ein und der Schäferstock wurde ihm in gedachter Weise durch die Rockärmel gesteckt. Wie vorauszusehen, konnte der dadurch der Bewegungsfreiheit seiner Arme Beraubte den Stock nicht durchbrechen und stand hilflos mit ausgebreiteten, durch den Stock gefesselten Armen da. Da stürzten, auf einen Pfiff des Buckligen, die im Hinterhalt versteckten Werber herbei und prügelten das hülflose Opfer über die Grenze in die Reihen der Königlichen Armee. Diese Geschichte kann von der Phantasie des Volkes ausgeschmückt sein, wirft aber ein charakteristisches Streiflicht auf die Zustände vor und während des 30 jährigen Krieges und welcher Taten man sich von den Preußen gewärtig sein konnte.
Bezeichnend aber für das immer wiederkehrende, richtige Empfinden des Volkes, wirklicher Größe gegenüber ist, daß die Legende und davon erhaltene Tradition den König nicht mit diesen Gewalttaten identifizierte, daß sich von ihm persönlich die Erinnerung der Größe und Tüchtigkeit auch bei den Nachkommen der von ihm Bedrückten volkstümlich erhalten hatte. Die nachbarlichen Uebergriffe des großen Königs wurden in der Tradition viel mehr auf das Konto eines pauvren, hungrigen und gerissenen Preußentums gesetzt, das nach dem behäbigen Mecklenburg seine Hand stets begehrlich ausstreckte. Die Erinnerung daran hat sich in dem Wort erhalten, welches bis Ende des vorigen Jahrhunderts in Mecklenburg noch vielfach im Kurse war und vom Mecklenburger halb verächtlich gebraucht wurde: ,,Dat is en klauken Preußen“; darunter zu verstehen ein Mensch, der dem zurückhaltenden, ruhig behäbigen Mecklenburger seine gerissene Klugheit unbequemerweise unter die Nase reibt, der über alles reden kann und redet, über das, was er versteht und nicht versteht. Der Preuße erfreute sich nicht nur in alten Zeiten keiner großen Beliebtheit bei anderen deutschen Stämmen, auch heute noch hat er manche Unbeliebtheit zu überwinden. Er war für seine lieben Nachbarn stets ein unbequemes „Etwas“, das denselben in seiner Ruhe aufstöberte, der Hecht im Karpfenteich. Ihre poetische Verklärung hat diese Animosität in dem Schnadahüpfel aus „dem Bayerischen Vaterland“ des verstorbenen Dr. Sigl gefunden:
Schwarz ist der Teufi, (der Teufel)
Weiß ist der Tod,
Schwarz–Weiß ist der Preußi, (preuße)
Davor behüt' uns Gott!
„Wir lassen dahin gestellt sein, ob Alles dasjenige, so bei Ew. Liebden angebracht worden, sich in der That also verhalte. Wenn aber auch von einigen unserer Offiziers dergleichen vorgenommen sein sollte, so mögen wir Ew. Liebden nicht verhalten, daß hierzu das bisher gezeigte und unfreundliche Verfahren der dortigen Vasallen und Einwohner gegen unsere Werbungen dazu einzig und allein Ursach und Gelegenheit gegeben habe. Denn nicht zu gedenken der vielfältigen Klagen, so deßhalb von denen Unsrigen an Uns gebracht worden, so ist ja bekannt, daß nur allein von dem ehemaligen, Holsteinischen Regiment an die 150 Deserteurs, ohne die von anderen Regimentern zu rechnen, auf alle Weise durchgeholfen oder nicht angehalten noch auch extradieret werden wollen, der Frevel einiger Landsassen auch soweit gegangen, daß dieselben sich nicht gescheuet, unsere in dasigen Landen auf Werbung liegende Offiziers, so zu sagen auf eine mörderische Art und mit äußerster Gewalt anzugreifen, dieselben zu verwunden und ihnen die Rekruten wegzunehmen. Ew. Liebden können sich also selbst vorstellen, daß Uns dergleichen Verfahren allerdings nicht angenehm sein könne und in der Länge hierunter nachzusehen, Uns nicht zugemuthet werden könne. Ew. Liebden werden uns auch nicht verdenken, daß Wir, so lange obgedachte Zahl derer Deserteurs, oder so viel Leute an deren Stelle nicht wieder herbeigeschafft werden, Wir Unseren Offiziers in derselben Aufsuchung keinen Einhalt thun und werden Wir gewiß bedacht sein, denjenigen Landsassen, so sich an Unseren Offiziers zu vergreifen gelüsten lassen sollten, Unser Ressentiment einigermaaßen zu temoigniren.“ usw. (Siehe Vehse.)
Er spielt mit Mecklenburg, wie die Katze mit der Maus. 1743 waren nur neun Mitglieder zum Landtage erschienen, da sich niemand auf die Landstraße traute, aus Angst unterwegs seiner Dienerschaft beraubt, oder persönlich von preußischen Husaren ausgehoben zu werden, (siehe Vehse).
Wo die Preußen offene Gewalt anzuwenden nicht für rätlich hielten, wurde List beim Menschenfange gebraucht. Darüber kursierten Anfang vorigen Jahrhunderts noch viele romantische Geschichten im Volke: z. B. die vom starken Schäferknecht im südlichen Mecklenburg, unweit der preußischen Grenze. Er hatte verschiedenen Werbern, die ihn mit Gewalt einfangen wollten, mit seiner Riesenstärke bereits die Knochen zerschlagen. Da erbot sich ein kleiner, buckliger Mann den Schäfer gegen eine Belohnung zu fangen. Er ging zu ihm aufs Feld, als dieser die Schafe hütete und verwickelte ihn in ein Gespräch. Während desselben sagte er zu ihm: „Er solle ja so unglaublich stark sein, er wolle aber mit ihm wetten, daß er ein Kraftkunststück doch nicht vollbringen könne, nämlich seinen langen Schäferstock zu zerbrechen, wenn er ihm denselben längs der Arme über den Rücken durch die Nockärmel stecke. Der Schäfer ging, im Vertrauen auf seine Kraft, auf diese Wette ein und der Schäferstock wurde ihm in gedachter Weise durch die Rockärmel gesteckt. Wie vorauszusehen, konnte der dadurch der Bewegungsfreiheit seiner Arme Beraubte den Stock nicht durchbrechen und stand hilflos mit ausgebreiteten, durch den Stock gefesselten Armen da. Da stürzten, auf einen Pfiff des Buckligen, die im Hinterhalt versteckten Werber herbei und prügelten das hülflose Opfer über die Grenze in die Reihen der Königlichen Armee. Diese Geschichte kann von der Phantasie des Volkes ausgeschmückt sein, wirft aber ein charakteristisches Streiflicht auf die Zustände vor und während des 30 jährigen Krieges und welcher Taten man sich von den Preußen gewärtig sein konnte.
Bezeichnend aber für das immer wiederkehrende, richtige Empfinden des Volkes, wirklicher Größe gegenüber ist, daß die Legende und davon erhaltene Tradition den König nicht mit diesen Gewalttaten identifizierte, daß sich von ihm persönlich die Erinnerung der Größe und Tüchtigkeit auch bei den Nachkommen der von ihm Bedrückten volkstümlich erhalten hatte. Die nachbarlichen Uebergriffe des großen Königs wurden in der Tradition viel mehr auf das Konto eines pauvren, hungrigen und gerissenen Preußentums gesetzt, das nach dem behäbigen Mecklenburg seine Hand stets begehrlich ausstreckte. Die Erinnerung daran hat sich in dem Wort erhalten, welches bis Ende des vorigen Jahrhunderts in Mecklenburg noch vielfach im Kurse war und vom Mecklenburger halb verächtlich gebraucht wurde: ,,Dat is en klauken Preußen“; darunter zu verstehen ein Mensch, der dem zurückhaltenden, ruhig behäbigen Mecklenburger seine gerissene Klugheit unbequemerweise unter die Nase reibt, der über alles reden kann und redet, über das, was er versteht und nicht versteht. Der Preuße erfreute sich nicht nur in alten Zeiten keiner großen Beliebtheit bei anderen deutschen Stämmen, auch heute noch hat er manche Unbeliebtheit zu überwinden. Er war für seine lieben Nachbarn stets ein unbequemes „Etwas“, das denselben in seiner Ruhe aufstöberte, der Hecht im Karpfenteich. Ihre poetische Verklärung hat diese Animosität in dem Schnadahüpfel aus „dem Bayerischen Vaterland“ des verstorbenen Dr. Sigl gefunden:
Schwarz ist der Teufi, (der Teufel)
Weiß ist der Tod,
Schwarz–Weiß ist der Preußi, (preuße)
Davor behüt' uns Gott!
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Alt-Mecklenburg, Erzählungen aus der sogenannten guten alten Zeit