Blücher, Moltke, Bismark, Seidlitz, 1778, Alte Fritz, Dosse, Priegnitz, Müritz, Ostsee, Moskowiter, Herzog Karl Leopold, Plau, Eldena, Marnitz, Wredenhagen, Friedrich Franz I., 1787.

Die Liebe und Bewunderung des Volkes wird stets mehr an den menschlichen und Herzenseigenschaften eines großen Mannes anknüpfen, als an seinen Taten, deren Wert und Größe es meistens nicht ganz versteht und nach der traditionellen Darstellung beurteilt. Beispiele im Gegensatz dafür sind „Moltke“ und „Blücher“. Moltke's große, korrekt vornehme, aber menschlich kühle Persönlichkeit wird nie so volkstümlich werden, wie Blücher, der unbeschadet seiner Bedeutung und Ruhmes, doch lange nicht an Moltke heranreicht. Aber seine frische, mit allen möglichen eklatant zutage tretenden Schwächen durchsetzte warme Menschlichkeit, machte ihn vom Volksliebling. Die Ausprägung derselben in der Form und die Größe des gewaltigen, universellen Genies ließ Bismarck zum Nationalheros des deutschen Volkes erstehen, dessen Name heute bereits ein SymboI, ein von Einzelzügen abstrahierter Begriff der höchsten menschlichen und geistigen Auffassung des Deutschtums geworden ist.

Vom „alten Fritz“ erzählte z. B. ein alter Statthalter eine lange, drastische „Rauchgeschichte“: „Dat em de Piep nich utging, denn smöken mücht he gor to giern,“ Während bekanntlich der große König den Tabak nur in der Form des Schnupftabaks akzeptierte, dem die Pfeife verhaßt und in dessen Gegenwart das Rauchen nur seinem Liebling Seidlitz gestattet war. Die Legende umwob sein Haupt mit unzähligen Anekdoten, die meist zu bekannt sind, um näher darauf einzugehen. Nur eine weniger bekannte sei gestattet, hier zu erwähnen. K. erzählte, daß der alte Fritz durch die Dosse in der Priegnitz geritten sei, um die Flachheit und mangelnde Vorflut des Flußbettes, wodurch das Gelände versumpfte, damit zu charakterisieren und, daß er ärgerlich ausgerufen habe: „Was all das Wasser auf dem Berge solle.“ Diese mündliche Ueberlieferung knüpft an die historische Tatsache, daß der König etwa 1778 die Dosse regulieren und viele Dosse–Sümpfe beseitigen ließ, wodurch er 15.000 Morgen Wiesen und Ländereien gewann. Diese Flußregulierung machte sich an der in Mecklenburg entspringenden Dosse, bis dort hinein, wohltätig bemerkbar. Die gleiche Aeußerung „Was all das Wasser auf dem Berge solle“, hatte sich von Wallenstein bezüglich des Müritzsees erhalten. Die Anwohner desselben erzählten, daß er während seiner kurzen Regierungszeit in Mecklenburg begonnen habe, das sehr hoch liegende Wasserbecken der Müritz, die nebst den anstoßenden Seeen durch die plauer Mühle künstlich gestaut wird, abzulassen. Damals sollen aus der Müritz sieben kleinere Seen und viel fruchtbares Land entstanden sein, welche Melioration nach seiner Abdankung ebenso wieder verschwand, wie der von ihm begonnene Kanal vom Schweriner See nach Wismar. Er projektierte damals bereits, die nordischen Mächte, namentlich Schweden, am Sunde durch diesen Kanal von der Ostsee durch den Schweriner See bis zur Elbe matt zu setzen, welcher Gedanke später in der Form des „Nordostsee–Kanals“ seine Ausführung in größerer Form erhalten hat. Vermutlich hat Walleitstein von allen führenden Persönlichkeiten der Zeit des dreißigjährigen Krieges seine Aufgabe am nationalsten aufgefaßt. Daß ihn nicht konfessionelle Fragen beherrschten, daß ihm die Herstellung einer starken, deutschen Zentralmacht und die Vertreibung der Fremden vom deutschen Boden, nicht die Unterdrückung des Protestantismus als letztes Ziel vorschwebte, scheint historisch festzustehen. Mit dem Herzogtum Mecklenburg hatte er sich in der ausgesprochenen Absicht vom Kaiser belehnen lassen, um von hier aus Hand auf den Norden zu legen und den Kaiser zum „Arbiter totius septentrionis et maris baltici“ zu machen. Er sah den Entscheidungskampf darüber mit dem zur Großmachtstellung vordringenden Schweden voraus und wollte von der Seeküste aus Gustav Adolf, dem „Schneekönig“, dem „Löwen aus der Mitternacht“ entgegentreten. Der hatte den ersten Teil seiner Heldenlaufbahn damit zugebracht, den „Moskowiter“ von der Seeküste zurückzuwerfen, damit er, nach Gustav Adolfs eigenen Worten: „Nicht mit einem Kahn mehr in die Oftsee kommen könne.“ Gustav Adolf wollte seinerseits die Ostsee zu einem schwedischen See machen.


Mag der Herzog von Friedland damals, als er so plötzlich diesem Plan gleichzeitig mit seiner mecklenburgischen Herzogswürde entsagte, wohl in seinen Sternen gelesen haben, daß, fern von den Wellen der Ostsee, sich die gewaltigen Gegner im gegenseitigen Ringen vernichten würden? Daß weder das machtvolle Habsburg noch das aufstrebende Schweden dauernd zu der nordischen Hegemonie berufen seien, diese vielmehr rettungslos an den mißachteten „Moskowiter“ verloren gegangen sein würde, Wenn nicht der erstanden wäre, der dem 18. Jahrhundert seinen politischen Inhalt gab, der zuerst eine deutsche, wirkliche Großmacht an der norddeutschen Seeküste gründete: „Der große Preußenkönig“.

Friedrich war nicht gerade ein sehr wohlwollender und glücklicher Nachbar für Mecklenburg. Er erklärte Mecklenburg für einen Mehlsack, auf dem man so lange herum klopfen könne, wie man wolle: „Es käme immer noch etwas heraus.“ Dieser Anschauung entsprechend verfuhr er im siebenjährigen Kriege, wo er an Kontributionen in barem Gelde und Naturalien für ca. 17 Millionen Taler von Mecklenburg erpreßte, außerdem 16.000 Mann gewalttätig aushob. (S. Vehse, Geschichte der kleinen, deutschen Höfe.) Diese gewaltätigen Werbungen von Rekruten hatten schon vor dem 7 jährigen Kriege bestanden und den Herzog von Schwerin veranlaßt, sich der europäischen Koalition gegen den König anzuschließen, da Abhülfe nicht zu erlangen war. Friedrich brauchte Soldaten, die ihm sein kleines Preußen nicht ausreichend liefern konnte. So zogen denn seine Werbekommissionen in Mecklenburg umher und verfuhren im Frieden darin, wie in Feindes Land. Die Handhabe dafür bot ihm die Verpfändung der 4 Aemter: Plau, Eldena, Marnitz und Wredenhagen an Preußen für die noch unbeglichenen Kosten der Reichs–Exekution gegen Herzog Karl Leopold, an der sich Preußen beteiligt hatte. Das Angebot der Bezahlung derselben und Auslösung der verpfändeten Aemter durch den Herzog Friedrich von Mecklenburg–Schwerin lehnte er widerrechtlich kurzer Hand ab, so lange er lebte; erst nach seinem Tode gelang dies dem Nachfolger des Herzogs, Friedrich Franz I., im Jahre 1787.