Mauern und Tore

Die Landmauern [Abb. 16, 17, 19], die die schützende Verbindung zwischen Marmarameer und Goldenem Hörn herstellten, sind ein Werk Theodosius II., der sie im Jahre 413 gelegentlich der letzten Erweiterung der Stadt ungefähr parallel der nur mehr in geringen Resten erhaltenen konstantinischen Stadtmauern errichten ließ [vgl. Plan S. 2). Vielfach [auch noch in türkischer Zeit) restauriert, bieten sie heute ein Bild des Verfalles, das hauptsächlich den wiederholten Erdbeben zu danken ist, die die Stadt oft genug heimsuchten. Sie bestehen aus einem größeren inneren und einem niedrigeren äußeren, durch einen Wall getrennten Mauerzuge von mehr als fünf und einem halben Kilometer Länge, deren jeder in gleichmäßigen Abständen mit Türmen befestigt ist. Vor der äußeren Mauerlinie läuft ein zweiter Wall und ein bis 10 Meter tiefer Graben [Abb. 14]. Das Mauerwerk erhält durch den schicht weisen Wechsel von Stein- und Ziegellagen ein für die byzantinische Architektur charakteristisches farbig dekoratives Gepräge. Die Tore [vgl. Mewlewi Hane Kapu Abb. 15 und Siliwri Kapu Abb. 20], von je zwei Türmen flankiert, sind Doppeltore, die äußeren kleiner als die inneren. Am südlichen Ende der Landmauern, wo sie sich mit den Seemauern vereinigen, erhebt sich

Die Burg der sieben Türme (Jedi Kule)
[Abb .10, 14, 18], von Mohamed II. nach der Eroberung auf den Trümmern der alten byzantinischen Befestigung [vgl. Plan S. 2] errichtet. Das Mauerfünfeck, in dessen Mitte heute nur mehr die Reste einer kleinen Moschee aufrecht stehen, war ursprünglich durch fünf, später durch sieben Türme verstärkt, von denen heute nur mehr vier emporragen. Der mächtige Bau diente als Staatsgefängnis, in dem viele Hinrichtungen vorgenommen wurden. Den äußeren Eingang zu der Burg bildete


Das Goldene Tor
[Abb. 10, 12, 14], ursprünglich das Prunktor, das den Anfang der großen Triumphstraße Mese, d. i. die Mittlere, bezeichnete, die von hier bis zum Kaiserpalast die Stadt durchquerte [vgl. Plan S. 2]. Die drei großen Bogenöffnungen [Abb. 10] wurden von den Türken bis auf einen verhältnismäßig kleinen Durchlass vermauert. Über der mittleren sind an der Innenseite noch die Zapfenlöcher der Inschrift zu sehen, nach der Kaiser Theodosius das Tor erbaute. Der durch zwei mächtige, vorspringende Marmorpylonen flankierten Außenseite ist ein zweiter kleinerer Torbau [Abb. 12] vorgelagert, von dessen einstigem Bilder- und Ornamentschmuck kaum mehr die Anlage zu erkennen ist. Zwei grüne Säulen mit feingearbeiteten Kapitellen geben noch einen schwachen Eindruck von der ursprünglichen architektonischen Dekoration. Am anderen (nördlichen) Ende der Landmauern ließ später Kaiser Heraklius durch einen neuen Mauerzug das Blachernenviertel in die Stadt einbeziehen [vgl. Plan S. 2]. An der Stelle, wo die herakleische Mauer an die theodosianische anschließt, steht die Ruine eines Palastes. Die Türken nennen sie

Tekfur Serai
[Abb. 24 und 25]. Es ist der letzte Rest der berühmten Palastanlagen, mit denen die Komnenen- und Palaiologenkaiser dieses Viertel schmückten. Mit drei Geschossen, deren trennende Böden heute vollkommen eingestürzt sind, erhebt sich der rechteckige Bau auf der Höhe des Viertels Egri Kapu. Auf der ehemals einem Hof zugekehrten Innenseite [Abb. 24] öffnen sich zwei Reihen von Rundbogenfenstern, in Blendarkaden eingestellt, über zwei fast die ganze Fassadenbreite einnehmenden Doppeltoren, deren Bogen auf je einem gekuppelten Säulenpaare ruhen. Die ganze Fassade ist durch den Wechsel von Stein- und Ziegelschichten und vor allem durch die mannigfachen Varianten von geometrischem Stein-Mosaik, mit dem die Arkadenzwickel ausgestattet sind, auf rein farbig dekorative Wirkung hin berechnet. An der gegenüberliegenden Fassade [Abb. 25] ist nur das oberste Stockwerk durch Fensterarkaden geöffnet. Ein reizvoller auf Konsolen ruhender Balkon tritt aus der Mauer hervor, deren unterer Teil hier das massige Gefüge der Befestigungsmauern zeigt.

Die Seemauernziehen sich längs des Marmarameeres bis zur Seraispitze hin [Abb. 4, vgl. Plan S. 2). Bei Jedi Kule ist ein viereckiger Marmorturm (Mermer Kule) [Abb. 21] bis ins Meer vorgeschoben, der von den Kaisern Basilius II. und Konstantin VIII. (975 — 1025) an der Stelle, wo Land- und Seemauern zusammentreffen, erbaut wurde. Neben ihm sind noch die Reste eines alten Molo sichtbar, der wohl eine Landungsstelle zu dem anschließenden, jetzt in Ruinen liegenden Befestigungskomplex schützte. Grüne Gemüsegärten ziehen sich innerhalb der teilweise zerfallenen Mauern entlang, in den Niederungen z. T. die Stelle der alten byzantinischen Häfen bezeichnend. Auch hier ist eine der bemerkenswertesten Stellen durch die Trümmer eines byzantinischen Palastes bezeichnet, des sogenannten

Justinianpalastes
[Abb. 22], der vielleicht ein Teil des der Sergius- und Bacchuskirche benachbarten Palatium Sophianum war. Die dem Meere zu geöffneten Fenster und Türbogen, vor denen noch die Konsolen eines Balkons sichtbar sind, sind mit klassisch profilierten Türgewänden aus Marmor bekleidet. Wie diese, so sind auch sonst in den Untermauern mannigfache ältere Architekturreste, Säulenbasen, Gesimsstücke und ornamentierte Platten als Werkstücke verwendet, ein Brauch, der bei den Byzantinern gang und gäbe war.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Alt-Konstantinopel
010. Goldenes Tor von innen mit den vermauerten Bögen

010. Goldenes Tor von innen mit den vermauerten Bögen

011. Saeule des Marcian (Kys Tasch)

011. Saeule des Marcian (Kys Tasch)

012. Vortor des Goldenen Tors

012. Vortor des Goldenen Tors

014. Goldenes Tor und Jedi Kule (Die Burg der sieben Türme)

014. Goldenes Tor und Jedi Kule (Die Burg der sieben Türme)

016. Die Landmauer Theodosius II (413). Im Hintergrund die Zypressenfriedhöfe

016. Die Landmauer Theodosius II (413). Im Hintergrund die Zypressenfriedhöfe

017. Landmauer, Teilansicht

017. Landmauer, Teilansicht

019. Straßenbild längs der Landmauern

019. Straßenbild längs der Landmauern

021. Der Marmorturm (Mermer Kule) 975-1025

021. Der Marmorturm (Mermer Kule) 975-1025

022. Der sogenannte Justinianpalast am Marmarameer

022. Der sogenannte Justinianpalast am Marmarameer

024. Tekfur Serai, Hoffassade

024. Tekfur Serai, Hoffassade

025. Tekfur Serai, Außenansicht

025. Tekfur Serai, Außenansicht

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