Die Umgebung der Stadt
Skutari
[Abb. 82, 91, vgl. Panorama I] mit seinen alten Vierteln und endlosen Zypressenwäldern. Reiche Landhäuser mit schönen Gärten ordnen sich auf den hügeligen Hängen rings um die ländliche Stadt, die sich von der aussichtsreichen Höhe Bulgurlu [Abb. 92] aus amphitheatralisch gegen das Meer herabzieht. Von den vielen Moscheen sei die vom Sultan Achmed III. zu Ehren seiner Mutter erbaute
Jeni Valide Dschami
[mit schönem Hofbrunnen, Abb. 58, s. oben Anmerk. Jeni Dschami, und Türbe] genannt. Von Skutari einerseits, von Galata anderseits an zieht sich, von den grünen Vorgebirgen unterbrochen, eine lange Reihe freundlicher Orte hin, längs der vielgewundenen Meeresstraße, die das Marmarameer mit dem Schwarzen Meer verbindet [Abb. 86, 93 — 98, 101]
Bosporus
Der Bosporus (d. h. Rinderfurt nach der Sage der Io, die hier, in eine Kuh verwandelt, durch das Meer geschwommen sein soll) ist etwa 28 km lang, an der engsten Stelle 660 m, an der breitesten 3,3 km breit. Die größte Tiefe beträgt 120 m. Eine starke Oberflächenströmung führt vom Schwarzen Meer in die Propontis. Durch die bis zu 250 m ansteigenden kulissenartig vortretenden Uferhöhen und die dazwischenliegenden Täler mit reicher Vegetation [Abb. 86, S 93, 98] bietet die Meerenge ein abwechslungsreiches Bild. An der Stelle, wo das asiatische dem europäischen Ufer am nächsten kommt [Abb. 94], erhebt sich beiderseits eine alte Burg, diesseits das zwei Hügel umfassende
Rumeli Hissar
[Abb. 94, 96, 97] mit gewaltigen Rundtürmen, an dessen Fuße und innerhalb dessen Mauern das türkische Dorf malerisch eingebettet liegt. Die Burg wurde wie das gegenüberliegende
Anadoli Hissar
[Abb. 94 und 95] noch vor der Eroberung der Hauptstadt durch Mohammed II. erbaut, der dadurch die ganze Meerenge beherrschte. Bei Anadoli Hissar öffnet sich das liebliche Tal des Göksu [Abb. 66, 101], das unter dem Namen der „Süßen Wasser von Asien“ (ähnlich den „Süßen Wassern von Europa“ am innersten Winkel des Goldenen Horns) ein beliebter Erholungsort der Städter ist. Auch sonst zeigen kleine Schlösser, Kioske, Villen und Gärten, dass die Bosporusdörfer mit ihrer angenehmen und schönen Lage den vornehmen Bürgern Konstantinopels als beliebter Sommeraufenthalt dienen [Abb. 102].
Nicht weniger geschätzt wegen ihres milden Klimas sind die
Prinzeninseln
[Abb. 99, 100]. Sie liegen südöstlich von der Stadt im Marmarameer vor dem Golf von Ismid (Nikomedien). Von den neun Inseln sind nur die vier größeren Prinkipo, Chalki, Antigoni und Proti bewohnt. Ihren Namen haben sie als ehemaliger Verbannungsort byzantinischer Prinzen und entthronter Kaiser. Die reiche Vegetation (Wein, Oliven, Myrten, Therebinthen und Nadelhölzer) lässt sie als Vorposten mittelländischer Natur erkennen [Abb. 99]. Eine vorzüglich griechische Bevölkerung hat bis in neueste Zeit in alten Klöstern, Schulen und Bibliotheken hier Pflanzstätten orthodoxer Kultur.
Brussa [Abb. 103 — 109]
Zu der weiteren Umgebung Konstantinopels gehört die etwa 20 km vom Marmarameer am Nordfuße des kleinasiatischen Olymp gelegene Stadt Brussa (etwa 90.000 Einwohner), die Residenzstadt der ersten osmanischen Sultane. Schon in byzantinischer Zeit war Brussa durch seine heißen Quellen als Badeort berühmt. Die von den Türken auf byzantinischer Grundlage errichteten
Badeanlagen [vgl. Abb. 108]
sind noch heute in Gebrauch. Die Stadt zerfällt in eine obere Altstadt (Zitadelle) mit alten z. T. noch römischen Mauern und in die neuere Unterstadt die sich in 4 km Länge längs den Ufern des Ulfer-Tschai erstreckt. Als einer der landschaftlich schönsten Punkte der Stadt gilt die über das tiefe Bett des Gök-dere führende, Ost- und Weststadt verbindende
Brücke [Abb. 104].
Von den fast 200 vielfach in Trümmern liegenden Moscheen ist die großartigste die
Ulu Moschee [Abb. 103 und 106].
Unter Murad I. (1359 — 1389) begonnen und von Muhammed I. 1421 vollendet, ist sie durch ihre eigentümliche Anlage (ein von 20 Kuppeln überdeckter Pfeilersaal) gegenüber dem Konstantinopler Moscheentypus bemerkenswert. Türen und Fenster zeigen die prächtigsten Muster türkischer Steinschneidekunst. Von den übrigen Moscheen seien die
Grüne Moschee (Jechil Dschami) [Abb. 106, 107, 108] von 1420 und die Moschee Murads I. [Abb. 105] von 1447 als typische Beispiele frühosmanischer Baukunst erwähnt, die in Brussa vor allem auch in den prächtig ausgestatteten Sultansgräbern ein reiches Ausleben fand. — Brussa ist berühmt durch seine Seidenindustrie, die zumeist von Europäern geleitet, aber auch als Heimarbeit (Tücher und Stoffe) betrieben wird.
010. Goldenes Tor von innen mit den vermauerten Bögen
017. Landmauer, Teilansicht
058. Jeni Valade Moschee in Skutari, 1709, Vorhof mit Brunnen
086. Vegetationsbild von den Uferhängen des Bosporus
093. Der Bosporus bei Stenia
094. Der Bosporus bei Rumeli Hissar (im Vordergrund), gegenüber Anatoli Hissar am asiatischen Ufer
095. Anatoli Hissar, die Burg wurde gegenüber Rumeli Hissar von Mohammed dem Eroberer gebaut
096. Rumeli Hissar, Schloss Mohammed des Eroberers, 1452 an der engsten Stelle des Bosporus am europäischen Ufer gebaut
097. Rumeli Hissar vom Bosporus aus
098. Der Bosporus mit Rumeli Hissar von Kandili aus
099. Vegetationsbild von den Prinzeninseln
100. Die Prinzeninseln Antigoni, Proti, Chalki von Prinkipo aus
101. Göksu, Tal der süßen Wasser von Asien bei Anatoli Hissar
102. Eingang zum Bosporus. Die 27 km lange Meeresstraße die Europa von Asien trennt und das Schwarze und Marmarameer verbindet
103. Brussa mit dem Olymp, vorne die Ulu-Dschami (vollendet 1421)
104. Brussa. Brücke über das Bett des Gök Dere
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