Alpen-Flora

für Touristen und Pflanzenfreunde
Autor: Hoffmann, Julius Dr. (1833-1904) deutscher Verleger, Erscheinungsjahr: 1902
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Alpen-Flora, Alpenflora, Alpenpflanzen, Aquarelle, Hermann Friese
Mit 250 farbigen Abbildungen auf 40 Tafeln. Nach Aquarellen von Hermann Friese. Nebst textlicher Beschreibung der verbreitetsten und schönsten Alpenpflanzen.
Vorwort.

Auf jeden, der sich überhaupt für die Pflanzenwelt interessiert, übt die eigentümliche, farbenreiche Flora der Hochgebirge einen ganz besonderen Reiz aus.

Auch unter den vielen tausenden Touristen, die alljährlich aus nah und fern herbeireisen, um in den Alpen „Sommerfrische“ zu genießen, würzige Bergluft einzuatmen und die mächtigen Eindrücke einer großartigen Gebirgsnatur in sich aufzunehmen, werden gar manche von dem lieblichen Blumenschmuck des Hochgebirges bezaubert und dazu angeregt, sich mit den bunten Gestalten der Alpenflora näher bekannt zu machen. Bald werden sie gewahr, dass sie neben „Alpenrosen“ und „Edelweiß“, den allbeliebten und bekannten Typen der Hochgebirgsflora, noch zahlreichen anderen Pflanzengattungen begegnen, die nur in der Gebirgswelt heimisch sind und zuweilen in solcher Menge beisammenstehen, dass Triften, Matten und Felshalden förmlich von ihnen bedeckt sind. Solche für das Landschaftsbild oft recht charakteristische Blumenteppiche entzücken durch ihre leuchtenden Farben selbst das Auge derjenigen, denen die zerstreutere heimatliche Flora nur mäßiges Interesse abzugewinnen vermochte; ja im Gebirge werden die meisten aufmerksamen Naturfreunde unwillkürlich zu liebevollen Pflanzenfreunden. Azurblaue Gentianen, goldgelbe und weiße Ranunkeln, verschiedenfarbige Stiefmütterchen, Primeln, Nelken und Steinbrecharten etc. fesseln das Interesse des Alpenwanderers und führen zu dem Wunsch, die einzelnen Arten näher kennen zu lernen.

Solchen Pflanzenfreunden also, die nicht darauf Anspruch machen, wissenschaftliche Botanik zu treiben, die sich aber aus Schönheitssinn und Wissenstrieb mit den augenfälligsten Gestalten der Gebirgsflora vertraut machen wollen, ist unsere „Alpenflora“ gewidmet. Der Zweck unseres Buches besteht somit darin, den betreffenden Liebhabern zu billigem Preise ein kleines Handbuch zu bieten, das ihnen das Erkennen der wichtigsten Alpen-Pflanzen erleichtert.

Aus diesem Plan hat sich von vornherein die Notwendigkeit ergeben, die Anzahl der abzubildenden und zu beschreibenden Pflanzengattungen zu beschränken und von manchen selteneren, nur an wenigen Fundorten vorkommenden Arten abzusehen. Außerdem musste eine größere Anzahl solcher Pflanzen, die dem Gebirge nicht ausschließlich zukommen, sondern ebenso häufig in den Voralpen, sowie in den Hügelländern Mitteleuropas heimisch sind, übergangen werden. Auch konnten die zahlreichen Gattungen solcher Familien, für welche erfahrungsmäßig der Laie nur geringeres Interesse hat, wie z. B. die Schirmpflanzen (Umbelliferen), viele Korbblütler (Hieracium, Crepis, Senecio etc.), die Gräser, Simsen, Seggen u. s. w. nur wenig berücksichtigt werden, da es schon eines tiefer gehenden Studiums bedarf, um sich in diesen schwierigen Familien zurecht zu finden. Diese Beschränkung ist aber gewiss den Liebhabern der Alpenpflanzen nur willkommen und entspricht dem populären Charakter unseres Buches, das nicht als Grundlage für strengwissenschaftliche Studien, sondern als Einführung in die liebliche, bunte Welt der Hochgebirgsflora dienen soll.

Dementsprechend ist auch der Text möglichst kurz und klar gefasst, so besonders bei den abgebildeten Pflanzen, mit denen sich der Anfänger an der Hand naturgetreuer, farbiger Darstellungen viel leichter und müheloser bekannt machen wird, als durch eingehende Beschreibungen, die den Laien öfters mehr abschrecken, als befriedigen. Es erschien daher zweckentsprechend, nur die wichtigsten Merkmale aufzuführen, welche geeignet sind, die betreffenden Pflanzen von anderen nahestehenden zu unterscheiden. — Die Anordnung der Familien stützt sich auf das De Candolle'sche Pflanzensystem.

Die in dem Buche enthaltenen 40 Tafeln sind nach Original-Aquarellen von Maler Hermann Friese in sorgfältigem Farbendruck ausgeführt worden. Ein großer Teil der Abbildungen wurde nach der Natur gemalt. Außerdem sind die nachstehenden Werke als Quellen zu Rate gezogen und benützt worden. Wir bemerken ausdrücklich, dass namentlich die durch fetten Druck ausgezeichneten, umfangreichen Werke allen denen, die sich mit eingehenden Studien der Alpenpflanzen befassen wollen, wegen ihrer Reichhaltigkeit und Gediegenheit besonders zu empfehlen sind.

Flora von Deutschland, herausg. v. Dr. v. Schlechtendal, Dr. Langethal und Dr. E. Schenk. 5. Aufl. revidiert von Dr. E. Hallier. 30 Bände. Verlag von Fr. v. Zezschwitzin Gera. Die

Alpenpflanzen, nach der Natur gemalt von Jos. Seboth, mit Text von Ferd. Graf und Joh. Petrasch. 4 Bände, 400 Chroniol. Tafeln. Verlag von E. Tempsky in Prag und G. Freytag in Leipzig.

Atlas der Alpenflora. Nach der Natur gemalt v. Ant. Hartinger, mit Text von Professor Dr. K. W. V. Dalla Torre (4 Bände mit 500 chromolith. Tafeln). Wien, Eigentum u. Verl. d. Deutschen u. Österr. Alpenvereins.

Die Alpenpflanzen Deutschlands und der Schweiz von J. C. Weber. 4 Bände (400 kol. Tafeln). Verlag von Chr. Kaiser in München.

Taschenflora des Alpenwanderers, von Dr. C. Schröter u. Ludw. Schröter. Mit 24 farbigen und 2 schwarzen Tafeln. Zürich, Verlag von Alb. Raustein.

Das Pflanzenleben der Schwäbischen Alb, von Dr. Rob. Qradmann, 2 Bände mit 50 Chromotafeln. Tübingen, 1900, Verlag des Schwäbischen Albvereins.

1. Familie. Ranunculaceae, Hahnenfußgewächse.

Atragene alpina L. (Linné). Gemeine Alpenrebe. — Taf. 1, Fig. 1. — Starkwüchsige, holzige Kletterpflanze. Blätter langgestielt, dreizählig. Die 4 Kelchblätter blau oder violett. Blumenblätter zahlreich, gelblich, spatelförmig. Auf felsigen Abhängen und in Wäldern des ganzen Alpengebiets, bis zu 1800 m, jedoch zerstreut; vorzugsweise auf Kalkboden. Blüht im Juni, Juli.

Thalictrum aquilegifolium L. Akeleiblätterige Wiesenraute. 30 bis 90 cm hoher Strauch. IMätter langgestielt, dreimal dreiteilig, den Akeleiblättern ähnlich. Kelchblättchen blassgrün mit roten Adern ; die zahlreichen, hingen, violettroten Staubfäden verleihen der doldenähnlichen Blütenrispe ein zierliches, duftiges Ansehen. Subalpin iind alpin, bis zu 1800 m, auf Waldund ßergwiesen. Blüht im Mai, Juni.

Thalictrum alpinum L. Alpen-Wiesenraute. — Taf. 1, Fig. 2. — Kleines nur fingerhohes Pflänzchen mit grünlicher Blüte. Auf steinigen Abhängen der höchsten Alpen; Schweiz, Tirol, Salzburg, Steiermark, 2000—2500 m. Zerstreut und spärlich. Blüht im Juni, Juli.

Thalictrum foetidum L. Stinkende Wiesenraute. 30 bis 60 cm hoch, Stengel und Blätter von abstehenden Drüsenhaaren weichhaarig. Blüten in lockerer Rispe, langstielig, nickend, blassgrün. Auf Felsen der Alpen und Voralpen, Schweiz bis Steiermark, bis zu 1800 m. Blüht im Juni, Juli.

Anemone alpina Miller. Alpen-Anemone. — Taf. 1, Fig. B. — Wechselt nach Standort von 10 — 30 cm Höhe, gewöhnlich nur 20 cm hoch. Kelchblätter zu 6—8, weiss, bisweilen lila angehaucht, außen seidenartig behaart. Auf Alpentriften der Kalkgebirge in 1600 — 2800 m Höhe, von der Schweiz durch die ganze Alpenkette; ausserdem auch in den Vogesen, den Sudeten und auf dem Brocken. Blüht von Juni bis August.

Anemone sulfurea L. Gelbe Alpen-Anemone. — Taf. 1, Fitr. 4. — Sie wird von den meisten Botanikern als Varietät der vorigen angesehen; sie fehlt den Kalkgebirgen nnd ist auf Urgestein (Gneis, Glimmerschiefer etc.) in 1300 — 1800 m Höhe heimisch.

Anemone narcissiflora L. Narzissenblütige Anemone. — Taf. 1, Fig. 5. — Die weißen, rot angehauchten Blüten, meist 5 — 7, bilden eine lockere Dolde, die aus einem Kranz tief gespaltener Hüllblätter hervorragt. Grundständige Blätter fast kreisrund, 5 teilig, die einzelnen Abschnitte doppelt dreispaltig. Über die ganze Alpenkette und die Voralpen verbreitet, ebenso über die Mittelgebirge von Süd- und Mitteleuropa. Auf Alpenwiesen und grasigen Abhängen. Blüht von Mai bis Juli.

Anemone trifolia L. Dreiblätterige Anemone. Der gemeinen Waldanemone oder Osterblume (Anemone nemorosa L.) sehr ähnlich. Blüte weiß, selten hellblau. Die zur Blütezeit meist noch fehlenden drei Blätter sind dreiteilig, scharf sägezähnig gerandet, auf den Nerven und Adern etwas behaart. — Südliche Alpenkette, Tirol bis Krain; in Wäldern der Voralpen und im Gebirge bis 1600 m Höhe. Blüht von April bis Juli.

Anemone Halleri Allioni. Hallers Anemone. Der gemeinen, im April blühenden Küchenschelle (Anemone pulsatilla L.) ähnlich, 10—15 cm hoch, zottig behaart. Die grundständigen Blätter, welche im Herbst absterben, sind 2— 3 fach fiederschnittig mit lineal-lanzettlichen Zipfeln. Blüten tief violett. Südschweiz, Steiermark, Österreich, Südböhmen, bis 1500 m Höhe. Blüht im Juli, August.

Tafel I - 1. Atragene alpina. 2. Thaliotrum alpinum. 3. Anemone alpina. 4. Anemone sulfurea. 5. Anemone narcissiflora.

Alpen-Flora 00 Coverbild

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Alpen-Flora 01 Tafel

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Alpen-Flora 04 Tafel

Alpen-Flora 04 Tafel

Alpen-Flora 08 Tafel

Alpen-Flora 08 Tafel

Alpen-Flora 14 Tafel

Alpen-Flora 14 Tafel

Alpen-Flora 23 Tafel

Alpen-Flora 23 Tafel

Alpen-Flora 27 Tafel

Alpen-Flora 27 Tafel

Alpen-Flora 32 Tafel

Alpen-Flora 32 Tafel

Alpen-Flora 34 Tafel

Alpen-Flora 34 Tafel

Alpen-Flora 38 Tafel

Alpen-Flora 38 Tafel