Pesth, im Dezember 1847.

Leere, eitle Hoffnungen haben das Üble, dass wenn die Enttäuschung erfolgt ist, sie den Eifer auf immer abkühlen. Deshalb ist es notwendig, dass wir uns immer zum Bewusstsein bringen, welche Schwierigkeiten in Ungarn bei der Gleichstellung zu überwinden sind. Wie groß der Hass, wie stark das Vorurteil, wie bereit zu jedem Mittel der Widerstand ist, kann man sich nicht vorstellen. Da hilft kein Räsonnement, man muss klar schauen. Lassen Sie mich daher einige der neuesten Beispiele aufführen.

Es ist bekannt, dass, die jüdischen Meister durch manche Beschränkungen in der Ausübung ihres Handwerkes beeinträchtiget werden, indem es ihnen z. B. untersagt ist, christliche Gesellen zu beschäftigen, ein öffentliches Gewölbe zu halten. Nur mit harter Mühe setzte es der hiesige jüdische Handwerksverein durch, seine Zöglinge bei christlichen Meistern unterzubringen, da manche Zünfte sich sehr dagegen sträubten, ja sogar den Meistern es untersagen wollten, jüdische Lehrlinge aufzunehmen. Dass man aber den israelitischen Jünglingen auch den einzigen Weg, welcher ihnen auf dem Felde geistiger Ausbildung noch offen steht, gern versperren möchte, werden Sie doch unerhört finden, und doch ist es wahr, dass in einer neulichen Sitzung unserer medizinischen Fakultät der gewesene Dekan Herr H. . . . . und Dr. Sch–– die Motion stellten, man möge sich wegen des unverhältnismäßigen Überhandnehmens jüdischer Ärzte an die hohe Statthalterei wenden, dass sie den jüdischen Studierenden den Zutritt zur Medizin entweder ganz versagen, oder wenigstens erschweren wolle; doch gelang es dem talentvollen israelitischen Dr. Schl. . . . . durch sein energisches Auftreten die Motion dahin zu modifizieren, sich an die hohe Statthalterei mit der Bitte zu wenden, sie möge einige Maßregeln treffen, wodurch die Juden durch Eröffnung anderer Nahrungszweige vom Studium der Medizin einigermaßen abgewendet werden könnten. Das Ganze soll aber, wie wir hören, von dem so menschenfreundlich sich gebärdenden Prof. Dr. S–r angezettelt worden sein. – Die hiesige Stadt, eigentlich der Magistrat, soll zwei seiner Anwälte eigens nach Pressburg, wo gegenwärtig der Landtag gehalten wird, abgeschickt haben, um gegen die Juden zu agitieren, wenn etwa ihre Angelegenheit aufs Tapet gebracht würde.


In Kaschau erging an einen hier schon seit einiger Zeit mit gutem Erfolge praktizierenden Arzt Dr. A. von der Behörde (natürlich durch den Einfluss des dasigen Stadtphysikus) die Weisung, er müsse, wie jeder andere jüdische Einwohner, sich das Inkolat verschaffen, was doch sonst von einem Doktor nie gefordert ward. Dr. A., der sich in seinem Rechte glaubte, legte auf diese Mahnung wenig Gewicht, und ließ sich in seiner Praxis nicht stören, bis endlich der Physikus dem Apotheker verbot, auf dessen Rezepte Arzneien zu verabfolgen; nun sah sich Dr. A. gezwungen nach Pesth zu gehen, und hier seine Sache zu suchen, und wenn ihm auch ein günstiger Bescheid wird, woran wir gar nicht zweifeln, hat dieser Herr Doktor allenfalls durch Versäumnis in seiner Praxis viel Schaden erlitten. Einen Kommentar zu solchen und ähnlichen Geschichten können wir uns leicht machen.

Diesem Treiben jetzt aber ein vor Kurzem in der Pesther Zeitung abgedrucktes Pamphlet allerdings die Krone auf. Wie Sie wissen hat dieses Blatt seit seinem Erscheinen jedem judenfeindlichen Angriff seine Spalten bereitwillig geöffnet, und sich so zu sagen zum Ableitungskanal für allen Schmutz judenfeindlicher Gesinnungen gebrauchen lassen. Seit dem haben die Judenfeinde, die sonst nur in kleinen vertraulichen Zirkeln oder höchstens bei Biergelagen und ähnlichen Plätzen ihre groben Witze und gehässigen Äußerungen einander mitzuteilen Gelegenheit hatten, einen weit freieren Spielraum. Sie haben nun ein eigenes Organ, alles das der Öffentlichkeit zu übergeben, und hiermit allen Gleichgesinnten mitzuteilen. Es wird auch ein wahres Sündenregister über alle Vergehen vom kleinsten bis zum größten, deren sich Individuen jüdischen Glaubens schuldig machen, mit der größten Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit (?) geführt. Dieses Blatt lässt also einen greifen Silberarbeiter seine Stimme über das Zunftwesen erheben, der zugleich die Gelegenheit benützt, seine wahrhaft mittelalterlichen Vorurteile, einen unverholenen Judenhass in den schändlichsten Ausdrücken der Öffentlichkeit zu übergeben. Nachdem er die jüdischen Silberarbeiter beschuldigt, dass sie selbst auf Packsong die Silberprobe drücken, erteilt er den Großen des Landes folgenden Rat: „Das Nützlichste“, meint er, „was unsere Großen tun könnten, wäre, dass sie, gleichwie den Israeliten das Wohnen in Bergstädten schon seit alten Zeiten verboten ist, ihnen auch der Handel mit Gold und Silber und die Verarbeitung desselben verbieten würden. Denn es ist eine bekannte Sache, dass alles im Lande gestohlene Gold und Silber, das nicht mehr zum Vorschein kommt, von Juden eingeschmolzen wird usw.“ Dergleichen schändlichen Lügen und niederträchtigen Verleumdungen sucht dieser greise Stimmführer gerade durch ein Alter mehr Glaubwürdigkeit zu verschaffen, indem er versichert, keineswegs aus Interesse zu sprechen, da er bereits am Rande des Grabes stehe und kinderlos sei, nur könnte er nicht ohne Schmerz daran denken, dass ein von der Nation so abgeschiedener Teil, dem das Ehrlichkeitsgefühl so wenig in der Natur zu liegen scheint, wie gewissen Geschöpfen die Reinlichkeit, mit feinen betrügerischen und ungeschickten Händen dieses edle Handwerk usurpieren soll. Dies beiläufig seine Worte. Was sagen Sie zu diesem sentimentalen Lügner und alten Schwätzer? Alles hat man dem Juden schon vorgeworfen, aber dass er ungeschickte Hände hätte, hat noch kein Judenfeind behauptet. Im In- und Auslande, im Osten und Westen, dies- oder jenseits des Ozeans, haben die Juden, so sie sich einem Handwerke oder einer Kunst mit Fleiß gewidmet, noch immer mit ihren nichtjüdischen Mitbrüdern gewetteifert, und davon könnte selbst unsere Stadt Zeugnis geben; so gehören, um nur Eines zu erwähnen, die jüdischen Lithographen zu den Geschicktesten dieser Stadt; allein da Herr Szentpétery sich auf Geistesfähigkeiten wenig versteht, so muss er den Juden doch wenigstens ungeschickte Hände aufbürden. Nun erschöpft er sich fast an Schimpf und Schmähworte und schließt ungefähr mit folgenden Worten: „Ich habe Bemerkungen hinsichtlich der traurigen und gefährdeten Lage, in der sich die Bürgerschaft gegenüber diesem Diebsgesindel befindet, den verdienstvollen Vorstehern des löbl. pether Komitats vorgelegt, so zwar, dass sie dieselben dem gegenwärtigen Reichstage unterbreiten möchten, – ob mit Erfolg, weiß ich nicht usw.“ Welche Bescheidenheit! Herr Szentpétery scheint denn doch zu zweifeln, ob unsere Großen seinen gutgemeinten Rat befolgen werden, wiewohl er diesen schmählichen Artikel auch in ungarischer Sprache in einem sonst harmlosen ungarischen Winkelblatte abdrucken ließ, und er tut Recht daran, denn unsere Großen haben wahrlich weit Wichtigeres zu tun, als solches Hundegebell zu beachten.

Dass diese schändlichen Verleumdungen und Lügen dem bösen Gemüte eines Erzjudenfeindes entstammt, keiner Widerlegung würdig, noch einer solchen bedürfen, indem sie durch die allzupöbelhafte und rücksichtslose Manier sich selbst widerlegen, begreift jeder billig Denkende; dass ferner dieser unbegrenzte, herausfordernde Hass im Neide, eigentlich im Brotneid wurzle und daraus wie giftiges Kraut hervor wuchere; und dass folglich dieser Aufsatz nicht nur im alleinigen Interesse des Verfassers, sondern vielmehr im Interesse mehrerer Mitmeister spricht, da diese es nicht ansehen können, dass mehrere Israeliten dieses Gewerbe mit dem besten Erfolge betreiben, wird selbst jeder unbefangene Nichtisraelit leicht einsehen; dass aber Herr Szentpétery sich zum Wortführer aufwirft, sollte uns doch ein. Wenig überraschen, geh?rt doch eine freche Stirn, eine grenzenlose Unverschämtheit dazu, von Diebesbanden, von Hehlerzünften zu reden, wenn man von selbst vielleicht schon schwach genug war, gestohlenes Silber zu kaufen, und wenn man sogar einmal auf frischer Tat ertappt, mit Schand und Spott es zurückgeben und dabei noch froh sein musste, mit heiler Haut davon zu kommen, und das tat dieser Herr, darüber haben wir hier sowohl schriftliches als auch mündliches Zeugnis, welches zu detaillieren Sie mir gern erlassen wollen.