Österreich. Pesth, 13. Dezember 1846.

Unter den mannigfaltigen Kämpfen, die im heutigen Israel auf dem Gebiete des Glaubens geführt werden, ist es für den Freund des Fortschritts sehr erfreulich, selbst in kleineren Gemeinden die Siegesfahne des Vorwärtsstrebens zu gewahren. Dies bekundet die ofner israelitische Jugend, die, die Idee des Judentums in ihrer Reinheit erhaltend, ihr auch die gefällige, zeitgemäße Form nicht versagt.

Herr Philipp Schüler, ein energievoller junger Mann, hat, von gleichgesinnten Freunden unterstützt, im April l. J. einen von geregeltem Choralgesang und religiösen Vorträgen*) begleiteten Gottesdienst, der der Jugend beiderlei Geschlechts zugänglich ist, eröffnet und derart organisiert, dass in der Folge sogar Familienväter, Anhänger des alten Ritus, dem „Verein zur Verherrlichung eines israelitischen gesetzlichen Gottesdienstes" sich angeschlossen, und das Gedeihen desselben mit rühmlichem Eifer fördern helfen.


*) Diese Vorträge, teils selbständige Arbeiten, teils Vorlesungen aus Dr. Ludwig Philippsons „Siloah", werden von dem Lehrer der hiesigen Gemeindeschule gehalten. Einsend.

Wer ein solch zeitgemäßes Streben zu würdigen weiß, wird auch dem wirksamen Einflusse unseres hochgeschätzten Oberrabbiners Schwab gebührenden Dank zollen, dass er diesem frommen Unternehmen anreizend und ratend zur Seite steht, und da er von anderseitigen Berufspflichten gehindert ist, in diesen Andachtsstunden das Wort Gottes selbst zu verkündigen, es jungen Talenten gern gestattet, von Zeit zu Zeit religiös-moralische Vorträge zu halten. Lobenswert ist auch die Bereitwilligkeit, mit der der geschätzte Gemeindevorstand den Freunden dieser Andachtsstunden ihren Schulprüfungssaal einräumte, ein Moment, das für den friedlichen Sinn und den Bildungsgeist dieser Körperschaft laut genug spricht. Überhaupt ist die Verwaltung des hiesigen Gemeindewesens den Händen intelligenter, dem Fortschritt huldigender Männer anvertraut; namentlich sind es die Herren Ärzte Leonhard I. Kohn, Gemeindevorsteher, und Samuel Stürk, die unter ihren Glaubensgenossen Bildung und zeitgemäßes Streben energisch zu verbreiten suchen. Zum Beleg dafür mag teils der vor Jahresfrist durch die Bemühung dieser geschätzten Männer ins Leben gerufene Leseverein, teils die am 17. Sept. l. J. an der Gemeindeschule veranstaltete und rühmlich ausgeführte Semestralprüfung dienen.

Möge dieses rege Leben in der ofner israelitischen Gemeinde nie erstarren, und noch manches wünschenswerte, für ihr eignes Interesse ersprießliche Werk zu Tage fördern! Sek.