Detmold, 24. Dezember 1846. (Eingesandt vom Vorstand des „Vereins zur Beförderung der Handwerke unter den lippischen Israeliten".)

Auf mehrere eingegangene Anfragen findet sich der unterzeichnete Vorstand zu der Erklärung veranlasst, dass das in No. 33 der hiesigen vaterländischen Blätter abgedruckte, der Hannoverschen Zeitung entnommene, aus Detmold vom 23. Oktober datierte Schreiben nicht vom Vorstande des Vereins herrührt und auch mannigfache Irrtümer enthält. Es ist allerdings richtig, dass sich die Teilnahme am Vereine gemindert hat, indem derselbe im zweiten Geschäftsjahre 80, in dem verflossenen fünften aber nur 63 Mitglieder zählte. Die uns bekannt gewordenen Gründe dieser Abnahme haben wir bereits in unserm dritten Jahresbericht vom 10. Mai 1844 veröffentlicht, worin wir bemerkten, dass die damals erfolgte Aufhebung des Hausierhandels, wovon sich einzelne Vereinsmitglieder auf dem platten Lande bisher ernährt, Manche zum Ausscheiden veranlasst hätte, während von Anderen der Einwand erhoben wäre, dass der hochfürstlichen Regierung bei der Transskription des Schutzbriefs schon ein bedeutender Beitrag zur Handwerkskasse bezahlt werden müsse, dass endlich noch Andere zurückgetreten wären, weil der Vorstand ihren statutenwidrigen Ansprüchen nicht entsprechen konnte.

Der in dem Detmolder Schreiben erwähnte „Hauptvorwurf, dass die Israeliten, sobald sie auf Kosten „des Vereins ein Handwerk erlernt hätten, über kurz oder lang doch wieder in den verderblichen Schacherhandel zurückfallen würden, und dass die Erfahrung der neuesten Zeit diese Befürchtung begründe", beruhet auf Irrtum. Immerhin mögen früher Einzelne ihr erlerntes Handwerk verlassen haben, weil es ihnen nicht den erforderlichen Lebensunterhalt gewährte, ein solches Zurücktreten findet man aber nicht bloß unter den Israeliten, die ohnehin mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen haben, sondern auch unter den Christen. Dem Vorstande ist aber noch kein Fall bekannt geworden, dass irgend Jemand, welcher auf Kosten des Vereins ein Handwerk erlernt, dasselbe wieder verlassen und sich dem s. g. Schacherhandel hingegeben hat, vielmehr sind dem Verein über das untadelhafte Betragen und die guten Fortschritte seiner Lehrlinge stets die besten Zeugnisse eingegangen.


Auch die in dem Schreiben aus Detmold erwähnte Bestimmung der Statuten bedarf der Berichtigung, dass auch diejenigen, welche ihr Gewerbe ordnungsmäßig betreiben, nach erlangter Selbstständigkeit alle vom Vereine gewährten Unterstützungen in einzelnen nach Billigkeit zu bestimmenden Raten erstatten, oder nach dem Ermessen des Vorstandes einen armen Lehrling unentgeldlich ausbilden müssen, dass aber diejenigen, welche ihr Handwerk verlassen, die erhaltene Unterstützung sofort auf ein Mal zurück zu bezahlen haben.

Es ist ferner zwar richtig, dass statutenmäßig vorzugsweise die Erlernung und Betreibung der schwereren Handwerke befördert und unterstützt wird, allein auf Irrtum beruht es, dass bei Weitem die größere Zahl der Juden bis jetzt die Lohgerberei zum Handwerk erwählt hat, vielmehr sind die bisherigen Lehrlinge des Vereins Schmiede, Schneider, Schuhmacher, Blaufärber, Baumwollenweber usw., aber kein einziger Lohgerber. Diese letztere Profession kann übrigens nach der Ansicht des Vorstandes keineswegs zu den leichteren, sondern nur zu den schwereren gezählt werden und lässt auch bei demjenigen, der die Lohgerberei schon selbstständig betreibt, wegen der gewohnten schweren körperlichen Arbeit und der großen Kostspieligkeit der zur Lohgerberei erforderlichen Einrichtungen, am Allerwenigsten einen Rückfall befürchten, wofern man ihm nicht mit Unrecht den Ankauf von Fellen oder Häuten, ohne welche ja keine Gerberei betrieben werden kann, zum Vorwurf machen will.

Endlich ist der Vorstand überzeugt, dass die Unduldsamkeit der Gesetze mancher Staaten, der in denselben bestehende indirekte Zwang, und der sich leider nur zu oft äußernde Religionshass und Mangel an wahrer christlicher Liebe die Haupthindernisse sind, welche einer wünschenswerten größeren Verbreitung der Handwerke unter den Israeliten entgegenstehen.
Der Vorstand des Handwerkervereins. Dr. Oltendorf. Sp. Herford, Adv.