Hannover, 20. Dezember 1846.

Die „Kommission zur Errichtung einer Bildungsanstalt für jüdische Lehrer" hat einen neuen Aufruf ergehen lassen. Der Anfang desselben lautet folgendermaßen:
„Ein Jahr fast ist verflossen, seitdem der erste Aufruf von Seiten der Kommission zur Errichtung einer Bildungsanstalt für jüdische Lehrer erlassen worden ist, und der Erfolg — soweit er sich bis jetzt übersehen lässt — muss im Ganzen ein erfreulicher genannt werden. Einerseits ist dadurch ein frischer Eifer, sich dem heiligen Berufe der Jugendbildung und Erziehung zu weihen, hervorgerufen worden, so dass vielfache Bitten um Aufnahme in die Anstalt eingegangen sind und dieselbe schon heute ins Leben treten könnte, wenn es nur auf die Zöglinge ankäme. Andererseits aber sind auch für den Fonds der Anstalt ansehnliche Beiträge eingezahlt worden; viele, namentlich kleinere Synagogengemeinden haben, ebensowohl wie die hiesige, nach besten Kräften beigesteuert; ein lebendiger Gemeinsinn, der das Edle fördert, ohne Rücksicht auf konfessionelle Unterschiede, ist der Anstalt mehrfach zu Gute gekommen und von Seiten der Regierung sind ihr für dieses Jahr 800 Thaler huldvoll bewilligt worden, so dass bis jetzt 6.100 Thaler zinslich belegt werden konnten.

Wenn indes die Zinsen dieser Summe zur Eröffnung der Anstalt selbst in kleinerem Maßstabe, nicht ausreichen, und wenn zu befürchten ist, dass bei längerer Verzögerung die Teilnahme immermehr erkalten, die besten Kräfte sich entmutigt abwenden und andere Berufsarten ergreifen werden — so ist es schmerzlich, die Teilnahmslosigkeit zu sehen, welche von Vielen dieser wichtigen und heiligen Angelegenheit entgegengesetzt wird. Fast die Hälfte der Synagogengemeinden, teilweise eben die bedeutenderen, haben bisher noch gar Nichts beigetragen! Und doch stellt sich das Bedürfnis immer dringender, immer schreiender heraus! Von 136 Synagogengemeinden entbehren 61 des Lehrers gänzlich; die anderen müssen vielfältig, zum Verderb der Kinder, entweder mit weniger guten Lehrern sich begnügen oder stets mit denselben wechseln, weil Ausländer keine feste Anstellung erlangen können und weil die besseren Lehrer so sehr gesucht werden, dass jede Gemeinde, der das Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt, zittern muss, wenn ihr Lehrer sie verlässt. — An manchen Orten fehlt den Kindern schon seit Jahren der Religionsunterricht — wie soll da in bewegter Zeit religiöser Halt gewonnen werden? Wie soll da inmitten aller Anfechtungen der Glaube unserer Väter in seiner veredelnden und bildenden Kraft sich forterben? wie soll ohne genügenden Unterricht wahres Wissen, echte Bildung und höhere Sittlichkeit dem empfänglichen kindlichen Gemüte eingepflanzt werden? Wenn die Lämmer nicht aufgezogen werden, wie soll die Herde bestehen? Und wenn keine Hirten da sind, wer soll der Herde warten?"