Oran, das algerische Raubnest

Nachdem die Spanier 1775 ihre letzte große Expedition unter General O'Reilly nach Algier, 1783 und 1784 ebenso vergeblich zwei Bombardements der Stadt unternommen hatten, gaben sie Oran, welches 1790 durch ein Erdbeben fast völlig zerstört worden war, 1792 endgültig in friedlichem Vergleich auf, und das algerische Raubnest konnte den christlichen Mächten nach wie vor Trotz bieten und sich die schwächeren tributpflichtig machen; Tribut bezahlten u. a. das Königreich beider Sizilien, Toskana, Sardinien, Portugal, Dänemark und Schweden; Hannover und Bremen gaben ansehnliche Gratifikationen, und selbst England bequemte sich bei jedem Konsulswechsel zu einem „Geschenk“ von 600 Pfund Sterling. Die gefangenen Seeleute und Passagiere aber verfielen der Sklaverei, aus der sie nur gegen schwere Summen gelöst werden konnten, und alle Vorstellungen der christlichen Mächte blieben unbeachtet. Zwar war die See- wie Landmacht Algiers im Laufe des 18. Jahrhunderts ganz wesentlich zurückgegangen, sodass ein durchgreifendes Vorgehen irgend einer Großmacht unschwer Erfolg gehabt haben würde, aber man hatte in Europa genug mit seinen Kämpfen untereinander zu tun, und wenn man von Algier nur gerade selbst in Ruhe gelassen wurde, war man gar nicht böse, wenn dieses den Handel des lieben Nachbars schädigte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Algerien