Korsaren und Christensklaven

Die Korsaren aber wählten als ihren Führer nunmehr Horuks Bruder, Cheireddin, der, von Spaniern und Eingeborenen gleichmäßig bedroht, Rückhalt an der Pforte suchte, sich 1519 unter deren Lehnshoheit stellte und vom Sultan Selim 1. als Beg oder Bei („Herr“) von Algier eingesetzt wurde. Mit Hilfe der von Konstantinopel gesandten Verstärkungen von 2000 Mann bekämpfte er die Spanier erfolgreich zur See und vertrieb sie 1530 auch aus ihrem Inselfort im Hafen von Algier; diese Insel selbst ließ er dann durch eine, aus den Trümmern der geschleiften Festung hergestellten Mole, an welcher 30.000 Christensklaven drei Jahre lang arbeiteten, mit dem Festland verbinden und die Stadt umwallen. Nachdem Cheireddins Einmischung in Tunis 1534 durch die Spanier vereitelt und er selbst 1536 nach Konstantinopel zurückberufen wurde, folgte ihm in Algier der Eunuch Mohammed Hassan Pascha, und die algerischen Piratenschiffe bildeten mehr und mehr den Schrecken der Christen am Mittelmeer. Kaiser Karl V. beschloss deshalb 1541 einen neuen Strafzug nach Afrika, an dem er diesmal sogar persönlich teilnahm, begleitet von 370 Schiffen und 30.000 Mann; am 30. Oktober landete die Expedition bei Algier, musste aber, nachdem ein furchtbares Unwetter ihr Lager und viele Schiffe zerstörte, unter schweren Verlusten abziehen. So dauerten die Raubzüge der algerischen Korsaren lustig fort. Dem nächsten Pascha, Cheireddins Sohn Hassan, folgte 1552 ein Araber aus Ägypten, Salah Reis Pascha, welcher 1553 auch Tlemsen eroberte und verwüstete und 1555 durch eine schmähliche Kapitulation des Grafen Peralta das spanische Bugia gewann, sodass in Algerien nur noch Oran spanisch blieb. Nachdem 1561 ein spanisches Heer im Westen von Algerien vernichtet worden war, planten die Korsaren auch die Eroberung Marokkos und die Gründung eines großen nordafrikanischen Reiches; doch machten die Spanier den Sultan von Marokko auf die Gefahr aufmerksam, und den Franzosen gelang es, den Großherrn in Konstantinopel so eifersüchtig auf die Beglerbegs zu machen, dass er diese 1587 durch Paschas mit nur dreijähriger Amtsdauer ersetzte. Die Janitscharen-Miliz wirkte aber im Jahre 1600 das Recht aus, einen Agha oder Dei (eigentlich „Oheim“) aus ihrer Mitte zu erwählen, der insbesondere ihr Befehlshaber sein und mit dem Pascha die Gewalt teilen sollte. Je mehr die Säbelherrschaft in Algier zur Blüte kam, umso mehr führte der vom Sultan ernannte Pascha, der meist landfremd und einflusslos blieb, nur noch eine Scheinherrschaft, und schon von 1659 ab machten sich die Deis so unabhängig von der Gewalt der Paschas, dass die Engländer 1662 mit dem Dei einen Vertrag abschlossen, und der letzte Pascha wurde 1669 von den Janitscharen verjagt.

Nachdem man mit den Eroberungen bis an die marokkanische Grenze und bis zur Wüste vorgerückt, wurde die Regentschaft, deren Hauptstadt Algier blieb, in die drei Beiliks Mascara, später Oran, Titeri mit dem Hauptort Medea und Constantine eingeteilt. Die Begs, ebenso wie später die Deis, folgten sich meist überaus schnell und verblichen selten eines natürlichen Todes; ihre Geschichte ist eine fast ununterbrochene Folge von Ermordungen, Kriegen, Erpressungen und tyrannischen Handlungen aller Art, nach außen wie nach innen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Algerien