Igli, ein Zentrum des Widerstandes gegen die Franzosen

Inzwischen hatten die Franzosen, nachdem das traurige Ende der Mission Flatters 1881 eine Zeitlang abschreckend gewirkt, und nachdem der englisch-französische Vertrag vom 5. August 1890 Frankreichs Einflusssphäre im Süden seiner nordafrikanischen Besitzungen festgestellt hatte, auch dem Vordringen nach Süden erneute Aufmerksamkeit gewidmet und in der Sahara eine Reihe kleiner Befestigungen, sogenannter Forts angelegt; so entstanden 1892—93 deren vier zwischen der Grenze gegen Tripolitanien und dem Uëd Igharghar, nämlich im Osten Tunesiens südlich von Gabes am Rande der Wüste in Medenin, sodann am Bir Berresof nahe der tunesischen Grenze an der Straße nach Ghadames, und weiter westhch das Fort Hassi Mey und das südlich von Wargla liegende Fort Lallemand (Hassi bei Heiram). Diese Ostgruppe wurde 1894 noch durch die drei Forts bei Hassi Inifel, Hassi Chelaba (Fort Miribel) und Hassi el Hameur (Fort Mac Mahon) südlich von Golea und 1899 durch das nach Süden vorgeschobene Fort in Timassinin verstärkt, und die große Lücke im Norden von Gurara zwischen El Golea und Igli sollte durch fliegende Kolonnen gedeckt werden.

Igli selbst, an der Vereinigung von Wad Ghir und Wad Susfana gelegen, besitzt zwar kaum 4.000 Angesessene, beherrscht aber eine der wichtigsten Straßen von Marokko nach dem Tuat, jenem weitläufigen Oasengebiet, dessen Bevölkerung von jeher der französischen Regierung den größten Widerstand entgegengesetzt und zu allen Zeiten die Sahara durch weitausgreifende Raubzüge unsicher gemacht hatte. Diese Erwägungen hatten seitens der Franzosen schon zu wiederholten Versuchen geführt, Igli zu nehmen, die aber teils an den Schwierigkeiten der ungastlichen Gegend, teils wegen Befürchtung englischer Einsprache unterblieben. Man beschränkte sich deshalb vorläufig mit dem Vorrücken der Eisenbahn von Ain Sefra aus, begann damit 1893 und eröffnete den Verkehr 1900 bis Djenien-bou-Rezg und 1901 bis zu dem befestigten Soubia, welches man nach dem Forscher Duveyrier benannte; von hier aus wird die Bahn den Wad Susfana entlang nach Igli fortgesetzt. Bereits jetzt werden von Paris aus regelmäßige „Vergnügungsreisen nach der Oase Figig“ arrangiert.


Inzwischen aber hatte man, wohl nicht ganz unbeeinflusst durch das Engagement Englands in Südafrika, auch das ganze Tuat-Gebiet selbst erobert und im Dezember 1899 In Salah, den Mittelpunkt Tidikelts, im März und April 1900 Figig und Igli, im Mai Timmimun, den Mittelpunkt Guraras, und Anfang 1901 auch das eigentliche Tuat mit Adghar und Kersas besetzt und einigte sich am 20. Juli 1901 mit Marokko über die Verwaltung der Grenzgebiete in der bereits im Kapitel „Marokko“ beschriebenen Weise. Frankreichs alter Gegner, Bu Amema, hatte auch bei dieser Gelegenheit eingegriffen und suchte schließlich in Figig Schutz und Unterkommen. Die Besetzung des Archipels der Tuat-Oasen ist aber nur als eine Vorbereitung des Durchbruchs der Franzosen von Nordafrika nach dem Atlantischen Ozean anzusehen.

Wie unbeliebt die Franzosen freilich auch heute noch selbst im eigentlichen Algerien sind, beweisen wiederholte Überfälle und Ermordungen von Europäern; der ernsteste dieser Fälle fand im April 1901 in Marguéritte bei Melianah, ganz nahe bei Algier, statt. Der Aufsehen erregende Prozess, der sich an diesen plötzlichen Ausbruch des Franzosenhasses anschloss, ergab die Tatsache, dass 300 Eingeborene auf Wegen, die dem geltenden Gesetz nicht widersprachen, von einem Besitz von über 1000 Hektar vertrieben worden waren, ohne dafür eine andere Entschädigung als kaum drei Francs auf den Kopf zu erhalten.*)

*) Generalgouverneur seit Albert Grévy (1879 — 81), Tirman 81-91; Jules Cambon 91-97; Lépine 97-98; Laferrière 1898-1900; Jonnart 1900-1; Révoil 1901—3; seitdem Jonnart.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Algerien