Heilige Krieg gegen Frankreich

Nach dem Falle von Constantine unterwarf der zum Generalgouverneur avancierte Valée die Provinz Constantine und begann damit, die Herrschaft über das Binnenland überhaupt planmäßig und möglichst friedlich auszudehnen. 1838—39 wurden Blidah, Koleah, Stora und Milah besetzt, und Valée zog im Oktober 1839 mit dem Herzog von Nemours zusammen von dem, nahe dem alten Stora neugegründeten Philippeville aus durch das gefährliche Felsdefilee nach Constantine und eröffnete damit eine nähere Verbindung vom Meere aus, als sie bislang durch den Hafen Bone vermittelt worden war. Abd el Kader aber sprach auf Grund des unklaren Wortlautes des Vertrags von Tafna den Franzosen das Recht ab, sich östlich von der Metidscha auszudehnen, kündigte am 20. November 1839 dieses ganze Abkommen und predigte aufs neue den heiligen Krieg gegen Frankreich. Der Emir fiel nun in die Metidscha ein, zerstörte die dortigen französischen Ansiedelungen, und die Unruhen dehnten sich bald über das ganze Land aus. Aber das Glück wurde dem Emir jetzt untreu, Scherschel, Medeah und Milianah fielen 1840 an die Franzosen und General Bugeaud, seit Februar 1841 Generalgouverneur, ermüdete den Feind durch unaufhörliche Angriffe, machte ihm durch Bestechung Anhänger abspenstig und erzielte dadurch bedeutende Erfolge. Nachdem 1841 — 42 nach einander Mascara, Saida und Tlemsen gefallen waren, sah sich der Emir im Frühjahr 1842 gezwungen, auf marokkanischem Gebiet Zuflucht zu suchen. Aber schon im Sommer 1842 erschien er von neuem auf dem Kampfplatz, und wenn auch seine Einfälle meist zurückgewiesen wurden und der Herzog von Aumale 1843 seine Smalah (= Lager) durch Überfall nahm, so fand er doch in Marokko immer wieder Schutz und Verstärkungen. Frankreich sah sich daher genötigt, 1844 auch Marokko den Krieg zu erklären, und das marokkanische Heer, dessen Vorhut Abd el Kader bildete, wurde am 14. August 1844 am Flusse Isly, 10 km westlich von Udschda, von Bugeaud entscheidend geschlagen. Da gleichzeitig ein französisches Geschwader unter dem Prinzen von Joinville an der marokkanischen Küste erschienen war und Tanger und Mogador bombardierte, so kam unter englischer Vermittlung am 10. September 1844 der Friede von Tanger zustande, worin sich Marokko verpflichtete, Abd el Kader keinen Vorschub zu leisten. Zur Sicherung der Grenze gründeten die Franzosen 1844 eine feste Stellung in Lalla Marnia.

Abd el Kader eröffnete bald wiederum den kleinen Krieg in Algerien und suchte 1847 auch Marokko darein zu verwickeln, wurde aber vom Sultan Abdur Rhaman am 11. Dezember geschlagen und zum Übertritt auf französisches Gebiet gezwungen, wo er von den Franzosen umzingelt und am 23. Dezember 1847 vom General Lamoricière gefangen genommen wurde. Bis 1852 in Frankreich zurückgehalten, lebte er von da ab, gegen das Versprechen, die Franzosen nie wieder zu bekämpfen, mit einer französischen Pension von 100.000 Francs zunächst in Brussa, nach dem Erdbeben von 1855 bis zu seinem 1883 erfolgten Tode in Damaskus.


Der Krieg gegen die Eingeborenen hatte unterdessen auch anderweit seinen fast ununterbrochenen Fortgang genommen; schon 1839 hatte man Dschidschelli, 1843 Collo und 1844 Dellis besetzt, der Herzog von Aumale drang 1844 bis zur Oase Biskrah vor, und General Bugeaud unterwarf 1847 die Bewohner der Dschurdschura und der Großen Kabilie. 1851 erhoben sich aber fast alle Gebirgsstämme der östlich daran stoßenden Kleinen Kabilie zwischen Philippeville, Dschidschelli und Milah. Auf einer der kühnsten und gefahrvollsten Expeditionen besiegte General St. Arnaud innerhalb 80 Tagen sämtliche empörte Stämme in nicht weniger als 20 Treffen und 6 geordneten Schlachten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Algerien