Bewässerung

Eine besondere Beachtung verdienen die Bewässerungsanlagen; muss die Wirtschaftspolitik in Algerien in erster Linie doch eine Bewässerungspolitik sein, da ungenügendes Wasser in allen Regionen die Hauptsorge der Kolonisten bildet, und so haben Fassung der Quellen, Auffangen des Regenwassers, Anlage von Stauwerken und Bohrung von Brunnen frühzeitig eine wichtige Rolle im Lande gespielt. Primitive artesische Brunnen waren schon in früher arabischer Zeit vorhanden, aber erst die Franzosen begannen solche rationell anzulegen. Im Jahre 1855 fing man längs des Abfalls des Atlasgebirges nach der Sahara zu mit der Schaffung von artesischen Brunnen an. Bohrungen nach Wasser in einer Gesamttiefe von 29.400 m an 457 Stellen ausgeführt, wovon 308 allein auf die Provinz Constantine kommen, liefern jährlich 182 Millionen cbm Wasser. Besonders glücklich ist man mit Brunnenbohrungen in der 200 km langen, aber sehr schmalen Zone längs des Ued Rhir, von den Oasen des Ziban nach Tuggurt, gewesen, wo man zuerst 1856 zur lebhaften Freude der Eingeborenen befriedigende Ergebnisse feststellte; 1889 gaben dort 434 arabische Brunnen 64.000 Liter in der Minute, dagegen 68 neugebohrte französische 113.000 Liter; mit 12 neu erbohrten Brunnen, die 12.000 Liter ergaben, wurde die verfügbare Wassermenge in der Minute auf 209.000 Liter gebracht, aber, wie es scheint, auch die Grenze erreicht. Eine große Ausdehnung der Dattelkultur ist die Folge dieser, von dem französischen Militär ausgeführten Wassererschließung gewesen. Die Oase Wargla hat 353 Brunnen, die 54.000 Liter in der Minute geben. Außerdem hat man an mehreren geeigneten Punkten gewaltige Sperrdämme aufgeführt und dadurch große Wasserbecken geschaffen, mit denen man über 100.000 ha bewässern kann, in der Ebene des Scheliff sind mehrere Staudämme angelegt worden, darunter der bei Perrégaux von der Societe Des Brosses & Cohen gebaute von 478 m Länge, der ein Wasserbecken mit 38 Millionen cbm Fassung bildet, sodass 36.000 ha bewässert werden können ; ein zweiter Damm am Flusse Sig staut 17 — 18 Millionen cbm auf, und ein dritter an einem Wadi des Atlas kann 18.000 ha in der Metidscha-Ebene versorgen. Andere ähnlich große Anlagen sind im Departement Constantine geplant. Freilich sind die Erwartungen, die man an die zuerst aufgeführten sieben großen Stauanlagen knüpfte, keineswegs erfüllt worden. Man gab dafür 11 Millionen Francs aus und berechnete das Fassungsvermögen auf 65 Millionen Kubikmeter. Aber die von den Zuflüssen reichlich mitgeführten Senkstoffe verkleinerten die Bassins bald, alle Gegenmittel versagten mehr oder weniger, und man befürchtet, dass sie ganz verschlammen werden; einige Staumauern sind auch geborsten.

Im allgemeinen sind die Bewässerungsarbeiten in der Kolonie vom Staate angelegt unter einer gewissen Kostenbeteiligung der Interessenten, und die Unterhaltung wird von letzteren allem getragen. In den 10 Jahren von 1889 bis 1898 hat man jährlich durchschnittlich 773.000 Francs für Wasserversorgung von Ortschaften ausgegeben, und dazu trugen die Kommunen 469.000, der Staat 304.000 Francs bei; die Ausgaben für Ackerbau-Bewässerungen aber beliefen sich im gleichen Zeitraum auf durchschnittlich 729.000 Francs im Jahre, wovon 578.000 Francs auf den Staat und 151.000 Francs auf die Syndikate entfielen. Im Jahre 1900 dienten 576 Bewässerungsanlagen für 200.000 ha Land, ungerechnet der von zahlreichen Syndikaten ohne Staatsbei-Hilfe ausgeführten Anlagen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Algerien