Sendschreiben des Generals Kosziusko an den Kaiser Alexander

Sire! Wenn ich aus meiner dunkeln Zurückgezogenheit es wage, meine Bitte an einen mächtigen Monarchen, der zugleich ein großer Feldherr und vorzugsweise ein Beschützer der Menschheit ist, zu richten, so geschieht es, weil Seine Großmut und Hochherzigkeit mir wohl bekannt sind. Ich flehe zu Ew. Kaiserlichen Majestät um drei Gnadenbezeigungen. Zuerst bitte ich alleruntertänigst, den Polen eine allgemeine Verzeihung ohne alle Einschränkung zu bewilligen, und den polnischen Leibeigenen, welche sich in fremde Länder zerstreut haben, die Freiheit zu gewähren, wenn sie zu ihrem Herde zurückkehren. Meine zweite Bitte ist, dass Ew. Kaiserliche Majestät sich zum Könige von Polen erklären mit einer freien Verfassung, welche sich der englischen Constitution nähere, und dass Höchstdieselben Schulen auf Kosten des Staats zum Unterricht der Landleute begründen, und dass die Leibeigenschaft der Bauern nach Verlauf von 10 Jahren abgeschafft werde, damit sie ihre Besitzungen als völliges Eigentum genießen können. Werden meine Bitten erhört, so eile ich persönlich, obgleich krank, mich zu den Füßen Ihrer Kaiserlichen Majestät zu werfen, um Höchstdenselben zu danken und meinem Souverain zuerst die Huldigung zu leisten. Könnten meine schwachen Talente noch von einigem Nutzen sein, so würde ich auf der Stelle abreisen, mich zu meinen Landsleuten zu begeben, meinem Vaterlande und meinem Fürsten mit Ehre und Treue zu dienen.

Meine dritte, obgleich eine Privatbitte, interessiert in hohem Grade mein Herz und mein Gefühl. Ich bewohne seit 14 Jahren das achtungswerte Haus des Herrn Zeltner, eines Schweizers von Geburt, welcher ehemals Gesandter seines Vaterlandes in Frankreich war. Ich bin ihm tausend Verbindlichkeiten schuldig, aber wir sind beide arm und er hat eine zahlreiche Familie. Ich bitte für ihn um eine ehrenvolle Anstellung, entweder bei der neuen Regierung Frankreichs oder in Polen. Er ist unterrichtet, und ich leiste Bürgschaft für seine erprobte Treue.
Berville, den 9ten April 1814. Kosciuszko.