TIZIANO VECELLIO, Bildnis eines vornehmen italienischen Kriegsmannes
TIZIANO VECELLIO
(1477 — 1576)
Bildnis eines vornehmen italienischen Kriegsmannes
Leinwand: h. 2,28, br. 1,51 m
Wen Tizian in dieser malerisch so reich ausgestatteten Erscheinung gebildnist hat, ist trotz der darauf bezüglichen eifrigen Forschungen Carl Justis noch nicht sicher festgestellt. Die letzte Vermutung dieses Seniors der Kunsthistoriker nennt als Dargestellten den Herzog Giovanni Francesco Acquaviva von Atri, aber doch immerhin nach seinem eigenen Zugeständnis nur mit einem Fragezeichen, nicht sicher. Gleichviel, diese Persönlichkeit muss unter den Condottieri jener Zeit Karls V. eine hervorragende Rolle gespielt haben, sonst würde wohl kaum ein Tizian berufen worden sein, ihn zu malen. Das geistige Gewicht seines Kopfes an sich ist nicht schwer genug, um diese Auszeichnung zu erklären. Die Züge haben wohl etwas Männliches, aber nichts über den Durchschnitt hinausgehendes Kluges. Was uns an dem Porträt fesselt, ist das künstlerische Rüstzeug, die koloristische Vornehmheit, die ihm der venetianische Malerfürst verliehen, an ihm selbst und an den Nebenfiguren, dem symbolisch bedeutungsvollen Amor und dem rassig schönen, treuen Jagdhund, die er ihm beigesellt hat. Das reich nuancierte Rot seiner Gewandung, das sich von dem fein gestimmten komplementären Grün der Landschaft wohltuend abhebt, ist der Grundton, der sich in dem mit einer kostbaren Agraffe und einer Feder geschmückten Herzogshut und in dem purpurroten, von einem Drachen überfangenen Kriegshelm fortsetzt und das ganze Bild beherrscht. Dazu gesellen sich das warme Inkarnat des vom Rücken gesehenen Amorin, das helle, gelblich -weiße Fell des Hundes und der kühl -graue und doch so kräftig wirkende Kettenpanzer, um eine Fülle harmonischer Farbentöne hervorzubringen, wie sie selbst bei Tizian nicht in jedem seiner Werke und nicht zu allen Zeiten zu finden sind. Dieses meisterhafte Bildnis, in welchem die allegorischen Beziehungen eine so überaus lebensvolle Gestalt angenommen haben, führte längere Zeit den Namen des Don Alfonso Davalos, Marchese del Vasto, aber mit Unrecht. Man kennt von dem Gemälde des Louvre die Züge des Davalos, welche andere sind, als die des Kasseler Bildnisses. Diese Namengebung ist eine müßige Erfindung des vorigen Jahrhunderts, während das älteste Inventar der Kasseler Galerie vom Jahre 1749 resp. 1756 davon noch nichts weiß. Die Entstehung des Werkes fällt um 1550. Um diese Zeit war Davalos schon tot. Er starb am 31. März 1516 Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen, der große Sammler und Schätzer seiner geliebten alten Bilder, erwarb diesen stolzen Tizian im Jahre 1756 durch Hoet in Paris. O. E.
(1477 — 1576)
Bildnis eines vornehmen italienischen Kriegsmannes
Leinwand: h. 2,28, br. 1,51 m
Wen Tizian in dieser malerisch so reich ausgestatteten Erscheinung gebildnist hat, ist trotz der darauf bezüglichen eifrigen Forschungen Carl Justis noch nicht sicher festgestellt. Die letzte Vermutung dieses Seniors der Kunsthistoriker nennt als Dargestellten den Herzog Giovanni Francesco Acquaviva von Atri, aber doch immerhin nach seinem eigenen Zugeständnis nur mit einem Fragezeichen, nicht sicher. Gleichviel, diese Persönlichkeit muss unter den Condottieri jener Zeit Karls V. eine hervorragende Rolle gespielt haben, sonst würde wohl kaum ein Tizian berufen worden sein, ihn zu malen. Das geistige Gewicht seines Kopfes an sich ist nicht schwer genug, um diese Auszeichnung zu erklären. Die Züge haben wohl etwas Männliches, aber nichts über den Durchschnitt hinausgehendes Kluges. Was uns an dem Porträt fesselt, ist das künstlerische Rüstzeug, die koloristische Vornehmheit, die ihm der venetianische Malerfürst verliehen, an ihm selbst und an den Nebenfiguren, dem symbolisch bedeutungsvollen Amor und dem rassig schönen, treuen Jagdhund, die er ihm beigesellt hat. Das reich nuancierte Rot seiner Gewandung, das sich von dem fein gestimmten komplementären Grün der Landschaft wohltuend abhebt, ist der Grundton, der sich in dem mit einer kostbaren Agraffe und einer Feder geschmückten Herzogshut und in dem purpurroten, von einem Drachen überfangenen Kriegshelm fortsetzt und das ganze Bild beherrscht. Dazu gesellen sich das warme Inkarnat des vom Rücken gesehenen Amorin, das helle, gelblich -weiße Fell des Hundes und der kühl -graue und doch so kräftig wirkende Kettenpanzer, um eine Fülle harmonischer Farbentöne hervorzubringen, wie sie selbst bei Tizian nicht in jedem seiner Werke und nicht zu allen Zeiten zu finden sind. Dieses meisterhafte Bildnis, in welchem die allegorischen Beziehungen eine so überaus lebensvolle Gestalt angenommen haben, führte längere Zeit den Namen des Don Alfonso Davalos, Marchese del Vasto, aber mit Unrecht. Man kennt von dem Gemälde des Louvre die Züge des Davalos, welche andere sind, als die des Kasseler Bildnisses. Diese Namengebung ist eine müßige Erfindung des vorigen Jahrhunderts, während das älteste Inventar der Kasseler Galerie vom Jahre 1749 resp. 1756 davon noch nichts weiß. Die Entstehung des Werkes fällt um 1550. Um diese Zeit war Davalos schon tot. Er starb am 31. März 1516 Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen, der große Sammler und Schätzer seiner geliebten alten Bilder, erwarb diesen stolzen Tizian im Jahre 1756 durch Hoet in Paris. O. E.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie