PAUL POTTER, Kühe auf der Weide

PAUL POTTER
(1625 — 1654)
Kühe auf der Weide
Eichenholz: h. 0,39, br. 0,36 m

Potter war zehn Jahre älter als Adriaen van de Velde und als Tiermaler sein Vorgänger. Er selbst war keines einzelnen, bestimmten Meisters Schüler, und in der schlichten Naturtreue, die ihn auszeichnet, steht er auf seinem Gebiete ganz auf eigenen Füssen und ohne Nebenbuhler. Sein Stoffkreis ist nicht weit. Aber seine Auffassung, sicher, klar und lebendig, entfernt von jeder Phrase oder Manier, gibt ihm seine Stelle unmittelbar neben den größten Malern äußerlich viel bedeutenderer Gegenstände, einem Rembrandt, Frans Hals und Ruisdael. Er war brustkrank und starb als Neunundzwanzigjähriger, gemalt hat er nur elf Jahre (seit 1643) unter stetem Wechsel des Aufenthalts und in dürftigen Lebensverhältnissen, in Amsterdam, Delft, im Haag und zuletzt wieder in Amsterdam, und dabei hat er weit über hundert Bilder hinterlassen, alle sorgfältig, die meisten bis zur äußersten Vollkommenheit durchgeführt. Sie sind in der Regel in kleinem Maßstabe gehalten, die Umrisse haarscharf, die Formen klar bei vorwiegend kühler Beleuchtung und frischer Lokalfärbung, die Formate der Tafeln mit feinem künstlerischen Gefühl je nach den Gegenständen bestimmt. Alles ist aus der Nähe oder wie mit weitsichtigen Augen gesehen, nichts unbestimmt oder verschwimmend, kein künstliches Lichtspiel; eine Wirklichkeitsdarstellung, in der für die Phantasie kein Spielraum bleibt. Keine Poesie also, wofern nicht das Gefallen an der einfachen Natur poetische Eindrücke geben kann, dafür aber auch keine unechte Sentimentalität. — Seine Bilder, die in deutschen Sammlungen nur vereinzelt vorkommen, zerfallen in zwei Klassen. Es sind entweder Landschaften mit Tierstaffage oder Tierbilder mit landschaftlichem Hintergrund (die Darstellung der menschlichen Figur ist Potters schwache Seite), und diese letzteren sind seine höchste Leistung. Hierin ist er unbestritten der einzige in seiner Art; in der Staffagelandschaft könnten es andere mit ihm aufnehmen, z. B. Wouwerman, Adriaen van de Velde oder Karel du Jardin. — Unser Kasseler Bild von 1648, das beste in einer deutschen Sammlung, gehört zu der zweiten Klasse. Die Hauptfigur ist die in leicht verkürzter Silhouette prächtig vor die freie Luft gestellte schwarzweiße Kuh, die auch mit ihrer Farbe dominiert. Ihr Raumbild wiederholt sich in der Form der in die Breite gehenden Tafel. Sie allein hält der rechts zusammengedrängten Gruppe das Gegengewicht. Leichtbelaubte Frühlingsbäume, grüne Weide, deren Grashalme man zählen zu können meint, und dahinter der weite Himmel mit seinem kühlen Wolkenduft, das ist Paul Potters Heimatland, wie wir es heute noch wiederfinden können, unverändert, indessen die Kunst seiner Landsleute längst andere Wege eingeschlagen hat. A. P.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie