JACOB JORDAENS, Der Apfelschimmel
JACOB JORDAENS
(1593 — 678)
Der Apfelschimmel
Leinwand: h. 0,81, br. 1,12 m
Für den oberflächlichen Blick hat der Antwerpener Jacob Jordaens einige Ähnlichkeit mit dem sechzehn Jahre älteren Rubens. Sie hatten ja denselben Lehrer gehabt, Adam van Noort; als der eine noch bei diesem lernte, war der andere schon Hofmaler in Antwerpen. Näher angesehen sind sie doch sehr verschieden. Bei Rubens denkt jeder zuerst an die Pracht kirchlicher Feste, er hört das Rauschen kostbarer Gewänder und achtet unwillkürlich auf den anspruchsvollen Wink der hohen italienischen Gebärde. Der naturwüchsige, etwas plumpe Jordaens, der Adam van Noorts Schwiegersohn wird und von der derben, knorrigen Art des Alten offenbar ziemlich viel in seine Kunst mit herübergenommen hat, will durchaus volkstümlich sein. Biblische Gegenstände verlegt er aus dem Kirchenbarock des Rubensstils auf die Gasse, Mythologisches malt er wie für Bauern, alles gewöhnlich in mächtigem Format und in der Wirkung auf starke Nerven und gröbere Instinkte berechnet. In Italien ist er nicht gewesen; was etwa daran erinnert in seinen Bildern, mag et großenteils Rubens abgesehen haben, dem er übrigens in voller Selbständigkeit gegenübersteht. Dagegen mutet uns manches bei ihm holländisch an; er war auch heimlicher Kalvinist und verkehrte viel in Holland. Als Künstler war er zu seiner Zeit höchst angesehen und gesucht, dabei äußerst fleißig und fruchtbar. Seine plastisch hervortretenden Figuren sind ungemein sicher gezeichnet, wundervoll malt er Tiere, Geräte, Blumen und landschaftliches Beiwerk, als Kolorist ist er ganz selbständig: er hat mehr Helldunkel als Rubens und geht von prächtig frischen Lokalfarben später zu einer mehr tonigen Malweise mit metallisch glänzendes Lichtern über. — In dem hier wiedergegebenen schönen farbigen Bilde der Kasseler Galerie (wo er überhaupt in allen Arten außer im Kirchenbilde am besten kennen zu lernen ist) zeigt er sich uns wesentlich zahmer und gesellschaftlich feiner als sonst; man schrieb es ehemals der Schule von Rubens zu, es ist jedoch mit Jordaens Namen bezeichnet. Was mag es bedeuten? Als Genrebild würde es für einen Besteller oder Käufer schwerlich Anziehung genug gehabt haben. Es ist offenbar ein Porträt und hauptsächlich dem prächtigen Apfelschimmel zuliebe gemalt worden, den sich sein Besitzer hier vorführen lässt. Der alte Herr steht vor dem — vielleicht ein wenig idealisierten — Portal seines Hauses, hinter ihm seine Tochter, und der bäurische Merkur — den ein Rubens anders gegeben haben würde — wird den Kaufmannsstand des Bestellers ausdrücken sollen. A. P
(1593 — 678)
Der Apfelschimmel
Leinwand: h. 0,81, br. 1,12 m
Für den oberflächlichen Blick hat der Antwerpener Jacob Jordaens einige Ähnlichkeit mit dem sechzehn Jahre älteren Rubens. Sie hatten ja denselben Lehrer gehabt, Adam van Noort; als der eine noch bei diesem lernte, war der andere schon Hofmaler in Antwerpen. Näher angesehen sind sie doch sehr verschieden. Bei Rubens denkt jeder zuerst an die Pracht kirchlicher Feste, er hört das Rauschen kostbarer Gewänder und achtet unwillkürlich auf den anspruchsvollen Wink der hohen italienischen Gebärde. Der naturwüchsige, etwas plumpe Jordaens, der Adam van Noorts Schwiegersohn wird und von der derben, knorrigen Art des Alten offenbar ziemlich viel in seine Kunst mit herübergenommen hat, will durchaus volkstümlich sein. Biblische Gegenstände verlegt er aus dem Kirchenbarock des Rubensstils auf die Gasse, Mythologisches malt er wie für Bauern, alles gewöhnlich in mächtigem Format und in der Wirkung auf starke Nerven und gröbere Instinkte berechnet. In Italien ist er nicht gewesen; was etwa daran erinnert in seinen Bildern, mag et großenteils Rubens abgesehen haben, dem er übrigens in voller Selbständigkeit gegenübersteht. Dagegen mutet uns manches bei ihm holländisch an; er war auch heimlicher Kalvinist und verkehrte viel in Holland. Als Künstler war er zu seiner Zeit höchst angesehen und gesucht, dabei äußerst fleißig und fruchtbar. Seine plastisch hervortretenden Figuren sind ungemein sicher gezeichnet, wundervoll malt er Tiere, Geräte, Blumen und landschaftliches Beiwerk, als Kolorist ist er ganz selbständig: er hat mehr Helldunkel als Rubens und geht von prächtig frischen Lokalfarben später zu einer mehr tonigen Malweise mit metallisch glänzendes Lichtern über. — In dem hier wiedergegebenen schönen farbigen Bilde der Kasseler Galerie (wo er überhaupt in allen Arten außer im Kirchenbilde am besten kennen zu lernen ist) zeigt er sich uns wesentlich zahmer und gesellschaftlich feiner als sonst; man schrieb es ehemals der Schule von Rubens zu, es ist jedoch mit Jordaens Namen bezeichnet. Was mag es bedeuten? Als Genrebild würde es für einen Besteller oder Käufer schwerlich Anziehung genug gehabt haben. Es ist offenbar ein Porträt und hauptsächlich dem prächtigen Apfelschimmel zuliebe gemalt worden, den sich sein Besitzer hier vorführen lässt. Der alte Herr steht vor dem — vielleicht ein wenig idealisierten — Portal seines Hauses, hinter ihm seine Tochter, und der bäurische Merkur — den ein Rubens anders gegeben haben würde — wird den Kaufmannsstand des Bestellers ausdrücken sollen. A. P
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie