HANS THOMA, Landschaftsstudie

HANS THOMA
(1839 — 1924)
Landschaftsstudie
Papier: h. 0,27, br. 0,36 m

Die hier wiedergegebene Landschaftsstudie Hans Thomas stammt aus dem Jahre 1880. Sie trägt entschieden südliches Gepräge. Thoma war 1874 in Italien gewesen, er war mit gefüllten Skizzenbüchern heimgekehrt und hatte 1876 seinen dauernden Wohnsitz in Frankfurt am Main genommen. „Dieser Aufenthalt in Italien“, so schrieb Hans Thoma selbst, ,,war von bestimmendem Einfluss für mein Schaffen, ich brauchte es nicht zu ändern, sondern ich strebte nach Vollendung und Klarheit. Was andere taten und wie die Ausstellungen aussahen, war für mich gleichgültiger als je. Der Gedanke, einsam zu sein, drückte mich nicht mehr, ein hohes Freiheitsgefühl belebte mich und ließ alle kleinlichen Sorgen, die sich massenweise nahten, nicht zum Siege kommen.“ — Es war in Frankfurt damals noch längst nicht die Zeit, da Hans Thoma Mode war. Im engeren Kreise fand er Freunde und Bewunderer seiner Kunst, weitere Kreise hatten noch immer nur Spott und Missachtung für sein Schaffen. „In diesen Frankfurter Jahrzehnten, in welchen die Handelsstadt nichts von ihm wissen wollte, ihre Tausendmarkscheine für Grützner, Achenbach und Knaus ausgab und Grützner, Achenbach und Knaus für unverrückbare Werte hielt, malte er nach seinem freien Willen und Geschmack. Die Notizen in seinem Skizzenbuch, die noch viel reicheren Notizen in seinem eminenten Gedächtnis wurden zu Bildern. Aus dem Schwarzwald und aus Italien, aus der Wirklichkeit, aus der Legende, aus dem Märchen, aus der Phantasie überströmten ihn die Stoffe — er gab ihnen Gestalt, Farbe, Leben — , bedauerte, dass er nicht längere Tageshelle, dass er nicht mehr Hände habe. Sein ganzes unablässiges Schaffen, nach der Natur, nach dem Modell, nach Gedächtnis und Phantasie, wie es diese siebziger und achtziger Jahre erfüllte, war ein frohes Ernten.“ (A. Spier in der Kunst unserer Zeit, H. Band.) In den Jahren 1880 und 1887 war Thoma wieder in Italien, schaute, zeichnete, malte, brachte neue Reichtümer nach Hause. Zu diesen gehörte unsere Landschaftsstudie. Ob aber auch das Motiv italienisch ist, man sieht es auf den ersten Blick, dass nur ein Deutscher das Bild gemalt haben kann, und von diesen eben wieder nur Hans Thoma. Es ist Größe und Kraft in dem Motive, aber ebensoviel anheimelnde Innigkeit und tiefe Empfindung. Wie köstlich ist die Gruppe zur Linken, die man als Flucht der heiligen Familie nach Ägypten deuten mag, wie reizvoll ist die Gruppe der drei spielenden Kinder im Vordergrunde, wie natürlich und ungezwungen geben die Gestalten auf dem Wege die Empfindung des Heimkehrens. Natur und Menschen eins — Sonnenschein, Heiterkeit, Frieden, Ruhe, stilles Glück — , all das spricht zu uns in keuscher, aufrichtiger Innigkeit. Wer die Natur so sieht und malt, der muss sie innig lieben, und wir lernen sie wieder lieben durch den Künstler, der so eins ist mit ihrer stillen Schönheit. Paul Schumann
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie