GONZALES COQUES, Der junge Gelehrte und seine Schwester

GONZALES COQUES
(1618 — 1684)
Der junge Gelehrte und seine Schwester
Eichenholz: h. 0,38, br. 0,58 m

Gonzales Coques in Antwerpen hieß „der kleine Vandyck“, weil er seinem berühmten Vorbilde eine gewisse Eleganz der Figuren abgesehen zu haben schien. Er galt viel, sowohl bei der Antwerpener Künstlerschaft wie bei den spanischen Statthaltern in Brüssel, denen zu gefallen er seinen guten vlämischcn Namen Cocx spanisch umformte, wie denn alle belgischen Künstler dieses Zeitalters sich unter der fremden Herrschaft wohl und zufrieden fühlten. Verdankte man doch den Spaniern den größeren Glanz des Lebens und die vornehmere Haltung, das Höfische, das sich ja schon seit Rubens in der vlämischen Malerei im Gegensatz zu der holländischen reichlich bemerklich macht. Coques ist von Vandyck sehr verschieden. Er ist ein Kleinmeister wie David Teniers, im Maßstab sowohl wie in der Art der Ausführung. Sein Kreis ist eng, aber seine Art sehr besonders, eine Detailmalerei ohne Kleinlichkeit bei einer aufs feinste abgestimmten, gewöhnlich in der kühlen Skala gehaltenen Färbung. Er malt Porträts, hauptsächlich Gruppenbildnisse, denen er durch leise Bewegungen der Personen zueinander und vor allem durch eine ausgesucht interessante Darstellung ihrer Umgebung mit dem allerverschiedensten, stillebenartig ausgeführten Beiwerk die Haltung von Genreszenen zu geben weiß, so dass man manchmal unsicher sein kann, ob man überhaupt noch Porträts und nicht bloß Modelle vor sich hat. Es ist für diesen äußerst geschickten Künstler charakteristisch, dass er in Haltung und Bewegung nicht weiter ging und es nicht zum wirklichen Sittenbilde gebracht hat. Er war eine ängstliche Natur und er arbeitete viel zu sorgfältig, um viel zu malen, weswegen auch seine Bilder sehr selten sind. Unser Kasseler Bild von 1640 ist das früheste, das wir von ihm haben. Wir sehen den jungen Gelehrten an seinem Arbeitstisch, aber nicht achtlos und beschäftigt, sondern zum Porträt sitzend. Eine ihm in den Zügen ähnelnde Dame steht am Flügel und spielt. Aber sie sieht uns an und möchte gesehen werden. Wir haben also bestellte Bildnisse vor uns. Aber beinahe sind diese Figuren doch nur die Staffage ihres behaglich eingerichteten Zimmers, das uns in seiner kostbar echten und minutiös wiedergegebenen Ausstattung einen kulturgeschichtlich wertvollen Anblick gewährt. Über der Ledertapete hängen Landschaften in der Art des Joos de Momper; der Innendeckel des Flügels zeigt ein Midasurteil im Stil Brueghels. Coques sowohl wie David Teniers der jüngere haben bisweilen ganze Gemäldegalerien gemalt. A. P.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie