ADRIAEN VAN DE VELDE, Strand von Scheveningen

ADRIAEN VAN DE VELDE
(1635 — 1672)
Strand von Scheveningen
Leinwand; h. 0,50, br. 0,72 m

In Amsterdam lebte neben dem Figurenlandschafter Klaas Berchem ein jüngerer Maler dieses Fachs, ein Sohn des angesehenen Marinemalers Willem van de Velde, dessen anderer Sohn, Willem, gleichfalls Seemaler war. Adriaen van de Velde, der von Wouwerman und Potter gelernt und später auch manchmal seinem erfolgreicheren Nebenbuhler Berchem nachgestrebt hat, ist feiner und geistiger als dieser und namentlich in der Zeichnung der Figuren (Tiere, vorzugsweise Hornvieh, aber auch Menschen der verschiedensten Art) ihm unbedingt überlegen. Seine Bilder waren zu seiner Zeit, als man in Amsterdam anfing die italienischen Richtungen 20 bevorzugen, wenig gesucht, sie haben nur manchmal einen leise an Italien erinnernden Anflug, und erst in neuerer Zeit ist, zuerst in England, ihre Schätzung bedeutend gestiegen. Man bewundert die Wiedergabe von Luft und Wasser, von Sonnenlicht und Wolken. Das Naturbild ist wahrer und einfacher als bei Berchem, der in seiner Flottheit gern übertreibt und viel mit künstlichen Beleuchtungen arbeitet. Noch bekannter als durch seine Bilder, die in unseren Sammlungen niemals in großer Zahl vorkommen, ist Adriaen van de Velde durch seine Staffage geworden, die er in die Bilder anderer gesetzt hat. Diese manchmal ganz kleinen, immer deutlichen und lebendigen Menschen und Tiere begegnen uns in den Landschaften von Ruisdael, Hobbema und vielen anderen, und wir bemerken es gleich, wenn bei diesem und jenem anstatt seiner einmal ein Ersatzmann eintritt, der dann seine Sache viel weniger gut macht als er, der sich das stehende Lob eines „geistreichen“ Staffagisten gesichert hat. Gegen das Ende seines sehr kurzen Lebens scheint er kränklich gewesen zu sein, seine Kunst nimmt in diesen letzten Jahren auffallend ab. — Außer Viehweiden, die am häufigsten sind, und Waldbildern mit Tieren und Menschen hat er auch Strandansichten gemalt. Unser feines, silbertoniges Bild aus seiner besten Zeit (1658) zeigt uns Scheveningen bei ebbendem Meer mit einer Staffage, die nicht bloß zierlich ist. Man sehe sich die einzelnen Figuren an, wie sie wirken, die Stehenden, die Gehenden und die lebhafter Bewegten und Beschäftigten, man verfolge sie vom Vordergrund anfangend bis in die Tiefe des Bildes: wie sie leben, wie sie den Raum aufklären. Was wäre dieser Strand ohne diese Menschen! A. P.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie