Abschnitt 1

Grambow

(Lehngut im ritterschaftlichen Amt Schwerin mit der Pertinenz Charlottenthal.)



In einer angenehmen Lage, westlich von Schwerin liegt das Gut Grambow. Die ausgedehnte Feldmark, welche mit Wiesenland, bedeutender Holzung, der Meierei, der Glashütte und dem Vorwerke Charlottenthal ein Areal zu 100 Last Aussaat umfasst, schliesst ein grosses Torfmoor ein, einen Theil des zusammenhängenden Torflagers, welches sich im Westen der Stadt Schwerin von Wüstenmarck und Stralendorf nördlich über Zülow und Rogahn nach Grambow und Wittenförden erstreckt, und durch dessen Ausbeute ein grosser Theil des Feuerungsbedürfnisses der Hauptstadt befriedigt wird.

Grambow war im vierzehnten Jahrhunderte ein Dorf im Besitze der Grafen von Schwerin. Noch kurz vor dem Ende der Grafschaft verschrieb (am 13. Januar 1357) der Graf Otto von Schwerin und Tecklenburg seinem Marschall und Burgmanne Henning Halberstad in Schwerin für eine Schuld von 125 Mark lübischer Pfennige die Beden aus den Dörfern Rüting, Schönfeld, Gross Eichsen, (Wendisch) Brüsewitz, (Wendisch) Grambow, Davermur (auf dessen Feldmark die von Halberstadt zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts Gottesgabe gegründet), aus vier Hufen in Gross Rogahn und aus Gross Trebbow. Diese Anführung aus der betreffenden Urkunde belehrt uns zugleich, dass auch in diessem Theile Mecklenburgs das wendische Element der Bevölkerung in einigen Ortschaften (Brüsewitz, Grambow, ferner Wendelstorf, Wendischhof) noch um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts vertreten war.

Die Herren von Halberstadt, die nach v. Ledebur schon in Urkunden des zwölften Jahrhunderts in der Gegend um Halberstadt vorkommen, finden wir seit dem ersten Viertel des vierzehnten Jahrhunderts in der Gefolgschaft der Grafen von Schwerin. Als Begleiter des Grafen Heinrich III., welcher von Brandenburg pfandweise Stadt und Perleberg erwarb, tritt 1322 der Ritter Werner von Halberstadt als Zeuge eines der Stadt Perleberg verliehenen Privilegiums auf. Vielleicht steht die Verschreibung von 1357 mit der Erweiterung des bedeutenden und dauernden Güterbesitzes der Herren von Halberstadt in der Gegend von Lütken-Brütz (Brüsewitz, welches ihr Hauptrittersitz war) in einem ursachlichen Zusammenhange. Wir finden dieselben nämlich im sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderte zwischen Gadebusch und Schwerin, als Nachbaren der von Preen, angesessen in Lütken-Brütz mit den Zubehörungen Rosenhagen, Rosenberg, in Vietlübbe, Gr.-Brütz, Gottesgabe und Grambow, also in dem ganzen südlichen Theile desselben Bezirkes, welchen die obige Beden-Abtretung umfasst. In der schweren Zeit des dreissigjährigen Krieges, um 1630, entäusserten sie sich durch Verkauf oder Verpfändung dieses Besitzes. Um dieselbe Zeit traten sie jedoch als Erwerber neuen Besitzes am östlichen Ufer des Schweriner Sees auf, wo sie schon vorher Cambs besassen, und wo nunmehr Leetzen, Görslow und Langen-Brütz zu ihren Erwerbungen gehörten.

Am 13. April 1610 wurde Grambow mit aller Zubehörung, Herrlich- und Gerechtigkeit von den Halberstadt erb- und eigenthümlich für 19,800 Gulden an Adam von Lepel verkauft, und von den Herzogen Adolph Friedrich und Hans Albrecht zu Meck-lenburg nicht allein dieser Kauf am 6. Juli 1613 bestätigt, sondern auch das Gut Grambow zugleich dem Adam von Lepel und seinen Erben zu einem neuen Mannlehen verliehen.

Im Besitze dieser seit Anfang des vierzehnten Jahrhunderts in Pommern, besonders auf den Inseln Usedom und Wollin, begüterten Familie war Grambow ungefähr 130 Jahre. Der Rittmeister Claus Friedricli von Lepel, Enkel des ersten Erwerbers 1)
, stand, nachdem er Grambow seit 1684 besessen und das Areal des Gutes durch den Ankauf der allodialen „Wendischen Koppel" von Gottesgabe vergrössert hatte, 1731 im Begriff, dasselbe an den Baron Gottfried August von Lützow auf Gr.-Brütz zu veräussern, als der Geheimrath Diederich Joachim von Plessen auf Cambs, Curator des Johann Georg Friedrich von Lepel, Einspruch dagegen erhob. Einige Jahre darauf starb der Rittmeister von Lepel, und das Gut gelangte an dessen Neffen, den Hauptmann Jochim Ernst von Lepel. Dieser schloss am 13. April 1734 für sich und seine einzige Tochter, Helena Elisabeth Amalia verehelichte von Pressentin, unter Zuziehung des ehelichen Vormundes der letzteren, des Rittmeisters Berend Wigand von Pressentin auf Weitendorf, einen Pfandcontract über das Gut Grambow, auf 24 Jahre mit dem königl. dänischen Oberstlieutenant, (nachmaligen Obersten) Christian Friedrich von Plessen a. d. H Schönfeld. Der Pfandschilling betrug 35,500 Thlr. N 2/3 Der Hof war zu der Zeit in einem üblen baulichen Zustande. Das Wohnhaus

war von schlechter Beschaffenheit; den westlichen Theil desselben zu bewohnen, schien lebensgefährlich, so dass der Pfandnehmer sich die Erlaubniss stipulirte, noch vor der Tradition diesen Theil nieder zu brechen und neu zu erbauen. Die Wirthschaftsgebäude mussten theilweise erneuert werden, und auch in Betreff der Wirthschaft enthält der Pfandcontract Andeutungen eines vernachlässigten Zustandes.

Nachdem der Hauptmann Jochim Ernst von Lepel am 20. April 1737 gestorben.war, erhoben einerseits seine Brudersenkel, der königlich preussische Artillerie-Lieutenant in Gross-Glogau, Carl Friedrich Hartwig von Lepel, und der in österreichischen Diensten stehende Fähndrich, Claus Heinrich von Lepel, durch ihren Mandatar, den oben genannten Rittmeister von Pressentin, – welcher wegen der allodialen, auf seine Ehefrau vererbten „Wendischen Koppel" auch deren Rechte geltend zu machen hatte, – Lehns- und demnächst auch Reluitions-Ansprüche auf Grambow; andererseits wurde das Lehn für die unmündigen Söhne des in holländischen Diensten verstorbenen Hauptmanns Johann Georg Friedrich von Lepel durch deren Verwandten, den königlich polnischen und kurfürstlich sächsischen Staatsminister Helmuth Grafen von Plessen auf Ivenack (Sohn des vorerwähnten Geheimraths von Plessen), in Anspruch genommen. Der letztere Anspruch wurde zur Zeit nicht weiter verfolgt. Zwischen den zuerst genannten Herren von Lepel aber und dem Pfandträger entspann sich ein langwieriger Process, der, von der Juristen-Facultät in Wittenberg gegen den Obersten von Plessen entschieden", von diesem jedoch auf dem Wege der Appellation vor das Reichskammergericht in Wetzlar gebracht, beide Gegner, den Rittmeister von Pressentin und den Obersten von Plessen, überlebte. Inzwischen befand sich das Gut Grambow, auch nach Ablauf der Pfandperiode (1758), im Besitze der Erben des Pfandträgers, bis dessen Wittwe sich, um „den kostspieligen Process, dessen Ende nicht abzusehen, zu coupiren", im August 1765 mit den Erben des Rittmeisters von Pressentin, dem Generalmajor Hans Jochim von Zülow, dem Obersten Ferdinand von Zülow, Gebrüdern, und dem Oberstlieutenant Gustav Friedrich von Pressentin, gütlich dahin einigte, Gut und Dorf Grambow nebst der Wendischen Koppel für 58,000 Thlr. N 2/3 und 100 Louisd'or Schlüsselgeld an den Eigenthümer Matthias Nicolaus Thomsen auf Ganzow (auch Pächter zu Strohkirchen) zu verkaufen. Dieser Verkauf kam, auch gegen die Einsprachen des Joachim Otto Friedrich von Lepel, eines der oben als noch unmündig erwähnten Söhne des Hauptmanns Johann Georg Friedrich, der nunmehr herzoglich würtembergischer Kammerherr und Obristwachtmeister in der Leibgarde zu Pferde war, – und des Generalmajors Hans Adolph von Lepel auf Dobbin (der auch ein Urenkel des Adam von Lepel war), zu Trinitatis 1766 zu Stande, und das Gut wurde unter dem 8. October 1766 dem Matth. Nie Thomsen zu einem rechten, neuen Mannlehen verliehen.




1) Die Genealogie dieses Zweiges der Familie von Lepel, soweit die Filiation hier interessirt und miteiner nicht auszufüllenden Lücke, gestaltet sich in diesem Zeitraume also. Von den 6 Söhnen des Claus von Lepel, auf Kubeköw, Scheinitz und Netelckow in Pommern, und der Sophie von Hahn a. d. II. Damerow, waren es die beiden Nachstehenden, die das Geschlecht zuerst nach Mecklenburg verpflanzten.