Abschnitt 4

Das Gebäude, in den schönsten architektonischen Verhältnissen und eben so einfachem.als edlem Styl aufgeführt, wurde 1843 nach dem Plan und unter der Leitung des Baumeisters.Th. Krüger in Schwerin erbaut. Es liegt mit der Fronte nach Süden. Durch die dem.eigentlichen Herrenhause nach Westen zu sieh anschliessenden Baulichkeiten von geringerer.Höhe bis zu dem thurmartigen Taubenhause mit Wetterfahne hat nicht nur das Ganze eine.reiche architektonische Gliederung, sondern auch einen praktisch - wirthschaftlichen Vorzug.von Bedeutung erhalten, indem diese Anordnung es der Herrschaft möglich macht, unlrlittelbar.von ihren Wohngemächern aus nach den gesammten Wirthsohafts - Localitäten zu gelangen..Durch einen Corridor nämlich tritt man aus dem Herrenhause in die Eäumlichkeiten für liüclie – Jissacjg und Bedienung. Mittelst del; hierher führenden Aussenthür gelangt man zugleich nach dem weiter.westlich gelegenen, mit hohem Schornstein versehenen Leutohause, welches die Leutestuhe,.Leutekücho, die Wohnung des Wirthsohafters und der Wirthschaftcrin und die Mägdelsiammer.enthält. Mit der Leuteküche in Verbindung steht weiter das Wasch- und Backhaus, das.wieder einen besonderen Eingang hat, und an welches sich in nördlicher Eichtung, also hinter.dem thuniartigen Abschlüsse, ein Flügel anschliesst, in welchem die Molkerei betrieben wird..Durch einen kleinen Hof getrennt, liegt dem Molkenhause gegenüber der Federvieh- und.Schweinestall, der einen Dunghof von drei Seiten einsehliesst, die vierte offene Seite ist dem.Molkenliause zugekehrt.

In der unteren Etage des Hauptgebäudes finden sich die Wohn- und Gesellschaftsräume.der Herrschaft. Aus den Gemächern der Frau des Hauses tritt man nach der Ostseite zu in.den Wintergarten. Das zweite Stockwerk enthält in der Mitte der Vorderseite einen sehr.geräumigen Saal, ausserdem ein grösseres Billardzimmer und eine Anzahl von Logirzimmern.


Das Holz - und Steinmatorial zur Errichtung dieses schönen Gebäudes, in welchem.geschmackvolle Pracht sich mit wirthschaftlicher Zweckmässigkeit auf seltene Weise vereinigt,.wurde auf der Feldmark des Gutes selbst gewonnen, nicht minder der besonders gute Kalk,.mit welchem auch der äussere Putz liergestellt worden ist.

Charlottenthal, im Jahre 1855 allodificirt, gelangte Johannis 1857 durch Kauf.an den jetzigen Besitzer Ernst Eudolph Jacobson, bisher auf Gehmkondorf.

Ulrichshusen bei Malchin, sodann vier Giebelhäuser in der Wahmstrasse zu Lübek; Einzelnes fand, sich in Stralsund, Lüneburg und an der Kronenburg bei Helsingör auf Seeland. Ausserdem.fanden sich Bauornamente, Geräthe, Ofenkacheln dieser Arkeit an vielen Stellen Meder-.deutschlands beim Aufgraben des Grundes alter Häuser. Von den Stralsunder Thonreliefstücken,.die doch den mecklenburgischen Arbeiten dieser Periode (1.550 – 1570) bei weitem nach-.stehen, urtheilt L'ranz Kugler (Pomniersche Kunstgeschichte S. 161. 231.): „Der Styl dieser.Arbeiten gehört der Weise der italienischen Kunst an; die Motive der Schule Raphael's.erscheinen in ihr, und zwar auf sehr tüchtige und erfreuliche Weise nachgebildet." Diese Reliefs.hatten durchweg die natürliche Farbe, wie sie noch jetzt am Schweriner Schlosse erhalten.sind- doch fanden sie sich auch im Innern stark vergoldet – so die Arabeskenreliefs an.den Säulen des Hofsaals – oder mit vergoldeten Erhebungen auf blauem Tiefgrunde. Es.ist nicht zweifelhaft, dass JFiederdeutschland die eigentliche Heimath der Ausbildung dieses.lBauschmucks nach italienischen Vorbildern gewesen ist; seine Yerpfianzung von Mecklenburg.nach Lübeck und nach Seeland ist nachweisbar. Gabriel von Achen und Statins.von Düren, die vollendetsten Thonreliefbildner jener Periode, deren Medaillons und sonstige.Ueliefornamente an den Schlössern in Wismar und in Schwerin den neuesten Werken dieser.an der Bauschule in Berlin und an dem neuen Schweriner Schlosse wiedererweckten Kunst.zum Muster gedient haben, zogen beide von Wismar nach Lübeck, und der Erbauer der.Kronenburg, König Friedrich IL von Dänemark (1559 – 1588), war der Schwiegersohn.des Herzogs Ulrich von Mecklenburg, eines Bruders von Johann Albrecht.

Bevor dieser kunstsinnige Eürst zu neuen Bauten schritt, restaurirte er 1552 – 1554.die besseren Gebäude der früheren Zeit. Das „lange Haus" erhielt eine neue innere Ein-.richtung, die durch A^'orbauung des Hauptportals (1555) an Geräumigkeit gewann; in die.Hofdornitz wurde das Gewölbe mit den Säulen und den Gewölberippen von gebranntem Thon.hlneingebaut, in dem oberen Stocke der Tanzsaal angelegt und ausgeschmückt. Des Tanzsaal's.griechische Inschrift: Mi]t äSsvog i.i>]Te noXv^evog (Weder ungastlich noch übergastlich).vergegenwärtigt uns den gelehrten Hof des Herzogs Johann Albrecht, . an welchem.Andreas Mylius bei der Vermählung des Herzogs vor dem versammelten Hofe eine la-.teinische Festrede hielt, und eriimert an eine Zeit, in welcher die englische Königin Elisabeth.mit ihren Hofleuten lateinisch und griechisch conversirte. – Das lange Haus, das Bischofshaus.das Zeughaus und andere ältere Gebäudetheile Hess nun der Herzog theils bloss an den.Aussenwänden, theils auch in den inneren Gemächern mit den kunstreichen Thonverzierungen.schmücken, von welchen vorhin die Bede gewesen ist.

Zu den Neubauten des Herzogs Johann Albrecht gehört zunächst die frühere.Auffahrt mit zwei Flügelthoren, das nach dem Burgsee zu gelegene äussere Pforthaus u. s. w.i.noch in den letzten Jahren seiner Regierung kam hier der „neue Thurm über dem Thor".hinzu. Der Herzog verfolgte schon seit 1548, also noch bevor er in Schwerin snccodirte,.die Absicht, dem Schlosse eine grössere Festigkeit zu geben, wie solche gegen die neuen.Angriffsirlittel der Kriegskunst nöthlg erscheinen musste. Von dem Jahr 1557 an war der.italienische Baumeister Francesco a Bernau bei der Ausführung dieses Befestigungsplanes.thätig. Von dieser Befestigung stand der südHche und südwestliche Theil, dem Schlossgarten.und dem See gegenüber, bis auf die neueste Renovation, und Ueberreste von ihr sind z. B..in der Umgebung des kleinen Pavillons neben dem Schlosskirchenthürmchen noch heute.erhalten. Bedeutender jedoch als diese Werke war die Erbauung des Schlosstheils.durch welchen Johann Albrecht den Zwischenraum zwischen dem „laugen Hause" und.Herzog Heinrich's „Hause mit dem Thurm" ausfüllte. Dieses von 1554 an bis nach 1560 errichtete Gebäude, das „neue Gebäude Herzog Johann Albrecht's über der Hofküche" genannt,.bildete die nordöstliche Ecke und war mit einer äusseren Gallerie versehen, die von dem.Portal des „langen Hauses" bis zu der verdeckten Treppe des Thurmhauses flihrte. In dem.südüclien, von dem Herzoge völlig ausgebaueten Theil enthielt es fürstliche Wohngemächer,.während der östliche Theil im Erdgeschosse die Hofküche enthielt und in den oberen Stock-.werken – bis der Herzog Adolph Eriedrich L den inneren Ausbau vollendete – zu.wirthsohaftlichen Räumlichkeiten bestimmt blieb.

Auch an der nördlichen Seite des „langen Hauses", im rechten Winkel an dasselbe.ansetzend, führte Herzog Johann Albrecht die Ausfüllung des Gebäuderinges weiter. Hier.legte er im Frühling 1560 den Grund zu der Schlosskirche, welche, so wie die darüber ein-.gerichteten Wehngemächer des Herzogs Johann Albrecht und seiner Gemahlin, im Jahre.1563 im Bau vollendet wurde. Von dem reichen künstlerischen Schmuck der Kirche, wobei.italienische, niederländische und sächsiche Künstler beschäftigt waren, ist durch die Pietät.des Grossherzogs Eriedrich Eranz auch in dem Keubau Alles erhalten, was- zu erhalten.war. Der Baumeistor der Kirche wie der übrigen Schlossbauten Johann Albrecht's war.Johann Baptista Parr. Sächsiche und holländische Bildhauer und Steinmetzen lieferten den.Schmuck aus gehauenen Steinen und Alabaster, Bildwerke von zum Theil ausgezeichneter.Schönheit, wie deren noch eins über der Thür der Kirche wohlerhalten ist. Von Pirna her.wurden die grossen Werkstücke aus Sandstein die Elbe herab gefahren, aus ljslar am SöUinger-.walde kaufte der Herzog grosse Alabasterblöcke zum Taufstein und zu Bildtafeln. Alles,.was nach dem gehobenen Gesohmaoke der Zeit an Material und Kunstfertigkeit aufgeboten.werden konnte, setzte der Herzog für den Bau seiner Kirche in Bewegung, und auch die.über derselben belegenen Wohnzimmer (die welschen Gemächer) dankten der Sculptur wie.der Malerei reiche Zierden.