Abschnitt 3

Der Name des Generals Balthasar Gebhard von Halberstadt ist mit der mecklenburgischen Geschichte unter dem Herzoge Christian Louis eng verknüpft. Er hatte von 1636 bis 1648 in dem „Königlich Schwedischen in Deutschland geführten Kriege" eine gute Kriegsschule durchgemacht und bei dem Friedensschlusse 1648 den schwedischen Dienst als Rittmeister im Regimente des Obersten Wittkopf quittirt, um auf seinen Gütern in Mecklenburg zu leben. Er bemühte sich auch um die Conservirung des Halberstadt'schen Güterbesitzes westlich vom See, indem er am 27. April 1657 das Gut Gottesgabe durch Kauf von Franz Carl von Oertzen an sich brachte; doch nicht auf lange Zeit, wie wir sehen werden. Aus seiner ländlichen Musse rief ihn der Herzog Christian Louis, indem er ihn 1658 zu seinem wirklichen Obersten ernannte. Zwei Jahre später erhob er ihn zum Commandanten seiner Festungen und Miliz, d. h. zum Commandeur der mecklenburgischen Truppen. Im Jahre 1672 führte er ein mecklenburgisches Regiment in französischen Diensten nach Holland und wurde hier von dem Kurfürsten von Cöln, Maximilian Heinrich von Baiern, am 29. October 1672 zum Brigadier und am 12. Januar 1673 zum Generalmajor zu Ross ernannt, welche Ernennungen der Herzog Christian Louis genehmigte. Dieser rief ihn dann nach Mecklenburg zurück und übertrug ihm auf's Neue das Commando über seine Miliz und Festungen. Er war auch fürstlich mecklenburgischer Kriegsrath, Ober-Commandant zu Schwerin und Hofmarschall. Befand sich der Herzog ausserhalb Landes, so war General von Ha1berstadt das vornehmste Mitglied der Statthalterschaft. In grossem Ansehen starb er am 9. November 1692 zu Schwerin im 72sten Jahre.

Wir kommen nun auf Klein-Brütz zurück. Dem Halberstadt' schen Besitze dieses alten Familien-Stammgutes machte auch der dreissigjährige Krieg ein Ende. Klein-Brütz war 1640 so mit Schulden beschwert, dass zur Zeit des Cuno Hans von Halberstadt, Sohnes des Christoph, General-Holz-Vorstehers der Altmark, ein Concurs darüber ausbrach. Die Prioritäts-Urtel erging im Jahre 1660. Der Hauptgläubiger war Jakob Criwitz (Crivitz, Kriwes, Criwes) in Lübeck mit einer angeliehenen Summe von 36,000 Thlrn. Er und seine Erben kauften die neunundzwanzig vorlocirten Gläubiger aus, und am 17. December 1669 wurde das Gut vor der Schweriner Justizcanzlei dem Sohne jenes Hauptgläubigers, Gottfried Criwitz, zugeschlagen. Dieser Gottfried von Criwitz (er wurde mit seinen Brüdern Johann und Paul vom Kaiser Ferdinand III. in den Adelstand erhoben) beantragte 1670 die Allodificirung seines neuen Besitzes. Gegen diese Absicht erhob zwar der General von Halberstadt Einspruch, entsagte aber unter Vermittelung des Herzogs Christian Louis allen Streitpunkten und verglich sich mit dem Gottfried von Criwitz u. a. auch dahin, dass dieser ihm (11. Juni 1674) auch sein (1659 allodificirtes) Gut Gottesgabe mit den Meierhöfen zu Gross-Brütz und Wendischhof für 8000 Thaler abkaufte. Die Allodialitäts-Erklärung erfolgte demnach am 24. Juli 1678, und beim Ableben des Gottfried von Criwitz kam Klein-Brütz c. p. in den Besitz seines einzigen Sohnes, des Oberforstmeisters Cuno Henning von Criwitz. Ausser diesem hatte Gottfried nur eine Tochter hinterlassen, welche an Volrath Jürgen von Gühlen (Gühle) verheirathet wurde.


Der Oberforstmeister von Criwitz 2) verkaufte im Jahre 1723 das Gut Rosenhagen, Pertinenz von Klein-Brütz, für 24,500 Thlr. an den Landcomthur von Bülow,.d. h. an den deutschen Ritterorden der Bailei Sachsen. Er starb 1748, ohne Leibeserben zu hinterlassen, und das Gut Klein-Brütz mit den noch übrigen Pertinenzen kam an seine Schwester, die Frau von Guhlen, während seine hinterbliebene Wittwe die Summe von 25000 Thlr. aus dem Gute erhielt.

Um diese Zeit machten die Halberstadt von der Langenbrützer Linie, die Enkel des Generals (s. Tab. II.), grosse Anstrengungen, um den Klein-Brützer Besitz wieder zu erlangen. Der Kammerjunker der Herzogin Auguste in Dargun, Friedrich Wilhelm von Halberstadt, muthete verschiedentlich während der Regierung des Herzogs Christian Ludwig in seinem Namen und im Namen seines Bruders, des königlich grossbritannischen Oberstlieutenants Hans Jürgen von Ha1berstadt. In einem Vortrage vom December 1750 wollte er darthun, dass das Gut Klein-Brütz nicht durch Concurs aus der Familie gegangen sei, indem er sich auf ein Responsum des Herzogs Christian Louis vom 3. Februar 1670 berief, in welchem dem Generalmajor von Halber Stadt (s. oben), als er dem von Criwitz'schen Allodificationsgesuche widersprach, bedeutet worden sei, „dass die dem Supplicato gewordene Confirmation Salvo jure tertii, folglich ohne sein, des Supplik panten, Verfang und Nachtheil geschehen sei, wobei er also hoffentlich zur Genüge gesichert sein werde." Der Kammerjunker wurde jedoch mit seinem Gesuche um Ableistung des Lehneides abgewiesen. Nichts desto weniger stellte nach dem Tode desselben sein genannter Bruder Hans Jürgen eine Revocationsklage wegen der Klein-Brutzer Lehen an, mit welcher er ebenfalls durch das am 30. Mai 1755 publicirte, von der Rostocker Juristenfacultät eingeholte Urtheil, nicht minder in der Restitutions-Instanz durch die am 7. Mai 1756 eröffnete Sentenz abgewiesen wurde.

Die Güter blieben demnach im von Gülen'schen Besitze. Die Frau von Gühlen, geborene von Criwitz, hatte einen Sohn, Johann Hinrich (die mecklenburgische Regierung giebt ihm das Adelsprädicat nicht früher als 1755), und zwei Töchter, Margarethe Sophie, vermählt mit dem Obristwachtmeister von der Kettenburg (s. Matgendorf), und Lucretia Sophie, vermählt mit dem Geheimenrath von Rantzau in Schleswig. Johann Hinrich von Gühlen und seine genannten Schwestern wollten im August 1766 Klein-Brütz an den Landcomthur des deutschen Ordens der Ballei Sachsen, von Bothmer, und in dessen Vollmacht an den Commendator Grafen Daniel von der Schulenburg, verkaufen. Der deutsche Orden, der, wie wir gesehen, Rosenhagen bereits erworben hatte und überdies in der Nähe Vietlübbe und Frauenmark besass, legte grossen Werth auf die Erwerbung des Gutes. Aber dem stand der §. 471 des eben- aufgerichteten Landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs entgegen, welcher jede Veräusserung eines Allodialgutes an einen auswärtigen Potentiorem oder an Stifter und Communen untersagt, und Herzog Friedrich war unerbittlich in Aufrechterhaltung der erbvergleichsmässigen Bestimmung. Vergebens boten die von Gühlen'schen Erben 7000 Thlr. für den Consens, vergebens richtete die Markgräfin Christine Sophie von Brandenburg zu Friedrichsruh ein eigenhändiges Intercessionsschreiben vom 3. October 1756 an den Herzog. Der Herzog beantwortete dasselbe unter dem 28. December 1756 sehr freundlich, erklärte es aber für unmöglich, von der Bestimmung des Erbvergleichs abzugehen. Auch ein Schreiben des Landraths Joachim Leopold von Bassewitz auf Lühburg vom 13. December 1756, in welchem dieser, zugleich dem Herzoge zu der Geburt seines Neffen, des nachmaligen Grossherzogs Friedrich Franz, Glück wünschend, die Ertheilung des Consenses befürwortete, blieb unberücksichtigt.




2) Als der Oberforstmeister von Criwitz sich einmal in Rostock bei dem Professor Mantzl melden liess, brachte ihm der Diener die Antwort, er möge nur warten oder wiederkommen, der Herr Professor habe noch zu thun. Der Herr von Criwitz empfand dies so übel, dass er weder wartete noch wiederkam. Professor Mantzel aber war sich keines Unrechts bewusst; er hatte geglaubt, der Postmeister aus Criwitz (so hatte er verstanden) werde sich durch einen solchen dilatorischen Bescheid nicht gekränkt fühlen.