Abschnitt 1

Bryza hieß in der Sprache der Wenden die Birke. Die unzweifelhafte Abstammung der Ortsnamen Brütz und Brüsewitz (Klein-Brütz) von diesem slawischen Worte weist darauf hin, dass in der Gegend nordwestlich von Schwerin, in welcher die genannten Orte liegen, zur Wendenzeit ausgedehnte Birkenwaldungen den Boden bedeckten. Bryzelaz – d. h. Birkenberg – hiess ein Dorf bei Perniek (im Domanialamt Neukloster-Warin), welches 1235 urkundlich vorkommt.

Die Gegend ist noch jetzt waldreich. Am Walde liegt auch Brüsewitz hinter dem grossherzoglichen Jagdhause Friedrichsthal, mittweges zwischen dem Gute Gross-Brütz im Süden und dem Bauerndorfe Drieberg im Norden, in einer weiten belebten Gegend.
      Der älteste Name des Gutes war Brüsewitz oder Brüsewitzdorf. Lange Zeit mit dem südlich angrenzenden Brütz unter gleichem Besitze vereinigt, erhielt es im fünfzehnten oder sechzehnten Jahrhunderte den Namen Klein-Brütz, während Brütz als Gross-Brütz bezeichnet wurde.
      Ob zwischen dem Orte und dem ritterlichen Geschlechte der von Brüsewitz ein Zusammenhang bestanden hat, darüber lassen uns die Quellen ohne Nachricht. Sie nennen aus jenem Geschlechte einen Heinrich von Brüsewitz (de Bruzewitze) im Jahre 1228, einen Ritter Nikolaus von Brüsewitz in Granzin um dieselbe Zeit (1236). Heinrich erscheint in der Gefolgschaft der Fürsten von Mecklenburg, Nikolaus als Zeuge in einer Urkunde des Bischofs Brunward von Schwerin. Das Geschlecht war seit der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts in Pommern angesessen, wo es noch jetzt besteht.
      Die Lage unsers Ortes deutet auf einen solchen Zusammenhang um so weniger, als es auch in Pommern ein Dorf Brüsewitz (bei Stargard, im Kreise Saatzig des Regierungsbezirkes Stettin) gibt, welches mit diesem ritterlichen Geschlechte in Namensverwandtschaft stehen mag.
      Unser Brüsewitz lag in der Grafschaft Schwerin, an der Grenze derselben gegen das Land Gadebusch. Wir finden den Ort zuerst im Jahre 1220 urkundlich erwähnt. Am 25. Mai des genannten Jahres schenkte der Graf Gunzelin II. von Schwerin seiner Gemahlin, der Gräfin Oda, das Dorf Brüsewitzdorf (Bruseuizdhorp) mit allen Zubehörungen („totaliter cum omnibus attinentiis"). Welches diese Zubehörungen waren, sagt die Urkunde nicht. Es dürfte jedoch kaum weniger gewesen sein, als was sich in späterer Zeit als Pertinenz von Brüsewitz genannt findet, nämlich das Bauern- und Kirchdorf Brütz (Gross-Brütz), das Gut Rosenhagen und die Meierei Rosenberg, wozu auch noch kleine Antheile,Dienste und Pachte in benachbarten Dörfern kamen. Die im Grossherzoglichen Archiv in Schwerin aufbewahrte Urkunde, welche diese Schenkung enthält, ist noch sonst für die Kenntniss der Germanisirungs-Periode interessant. Graf Gunzelin II. gesteht darin zugleich auf die Bitte und nach dem Willen der Gräfin Oda den Slaven, welche Brüsewitz bewohnen oder nachmals bewohnen werden, das deutsche Recht zu und verleiht drei dort wohnenden Brüdern, Vitus, Bacharus und Darchwi, so wie dem Sohne des Erstgenannten, Heinrich, drei Hufen und eine Mühle mit dem Auftrage, dafür zu sorgen, dass die Slawen des Ortes den durch das neu verliehene Recht ihnen auferlegten Pflichten und Leistungen von ihren Gütern nachkämen.


Dass das slawisch-heidnische Element hier lange lebendig geblieben, darauf deutet auch ein anderer Umstand. Klein-Brütz war der Ort, wo eine alte, uns aufbewahrte Mönchsfabel den Poltergeist Puck wohnen lässt, bevor er als Spiritus familiaris der Franciskaner nach Schwerin kam. In Schwerin lebt dieser unheimliche Genosse noch im Munde des Volks als „Peter Pück"; die alte Quelle kennt weder den Vornamen noch den Umlaut, der sich indessen schon bei Hederich findet. Der Geist heisst dort „de Puck" und ist ohne Zweifel identisch mit dem durch die ganze germanische Fabel sein Wesen treibenden Poltergeiste dieses Namens, den Shakespeare in seinem „Sommernachtstraum" (Aufzug II Scene I.) also anreden lässt:

„So bist Du jener schlaue Poltergeist, („that shrewd and knavish sprite")

Der auf dem Dorf die Dirnen zu erhaschen,

Zu necken pflegt, den Milchtopf zu benaschen,

Durch den der Brau missräth und mit Verdruss

Die Hausfrau athemlos sich buttern muss;

Der oft bei Nacht den Wand'rer irre leitet,

Dann schadenfroh mit Lachen ihn begleitet.

Doch wer lieb Puck Dich nennt, Dir Liebes thut,

Dem hilfst Du gern, und ihm gelingt es gut."

Die weite Verbreitung der Puck-Sage hat einen englischen Gelehrten, Dr. William Bell, der lange in Berlin gelebt und viele deutsche Gelehrten-Versammlungen besucht hat, veranlasst, Alles, was sich über dieselbe bei den Völkern germanischen Stammes findet, zu sammeln und in einem, zweibändigen Werke unter dem Titel: Shakespeare's Puck aud his folkslove, illustrated from the superstitions of all nations, but more especially from the earliest religion and rites of northern Europe and the Wends – geordnet zusammenzustellen.